Im Landtagsplenum am 22. Juni 2017 stand der Antrag der AfD zur „Heimatnahen Unterbringung Asylsuchender“ zur Debatte. Die rechtsaußen-Partei will damit Asyl aus Deutschland externalisieren. Doch diese Idee ist nicht neu, sie stößt damit in dasselbe Horn wie die Bundesregierung, die unter dem Deckmantel der „Fluchtursachenbekämpfung“ derzeit auf Hochtouren an der Abwehr von Migration aus der EU arbeitet. Meine Rede zum Antrag:
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
Die „Heimatnahe Unterbringung Asylsuchender auf den Weg zu bringen“ – dies begehrt die AfD-Fraktion in dem vorliegenden Antrag. Auf Twitter wurde der Antrag mit dem Hashtag „Weltflüchtlingstag“ promotet, und das ist wirklich mehr als perfide. Denn gerade dieser Tag steht im Zeichen des Menschenrechts auf Asyl.
Die Grundforderungen, welche die Damen und Herren von Rechtsaußen hier erheben, bedeuten nichts anderes als die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Und das hätten sie auch einfacher haben können, anstatt eine Reihe von fehlerhaften und unlogischen Regelungen aufzuschreiben.
Beispielsweise soll nach Ziffer 1a des Antrags die Aufenthaltsgestattung für die Zeit des Asylverfahrens abgeschafft und durch einen reinen Abschiebeschutz ersetzt werden. Hier soll der Weg für die dann folgende Auslagerung der Aufnahme von Geflüchteten aus Deutschland geebnet werden. Das Recht auf einen Aufenthalt im Bundesgebiet zur Durchführung des Asylverfahrens ergibt sich jedoch unmittelbar aus Artikel 16a des Grundgesetzes. Wer das Bundesgebiet erreicht und sein Asylbegehren zum Ausdruck bringt, muss aufgenommen werden und erhält Gelegenheit, einen Asylantrag zu stellen und das Asylverfahren zu durchlaufen. Dies bekräftigt der Artikel 9 Absatz 1 der EU-Asylverfahrensrichtlinie.
Wir als LINKE stehen zum uneingeschränkten Menschen- und Grundrecht auf Asyl und den Garantien, die sich aus verschiedenen EU-Normen ergeben. Das Grundrecht auf Asyl muss wieder gestärkt statt weiter demontiert werden, genau wie die rechtsstaatlichen Garantien für Menschen, die sich hier im Asylverfahren befinden.
Was die Kernintentionen der antragsstellenden Fraktion sind, zeigt sich in den Ziffern 2 bis 6. Darin werden die aktuellen Bemühungen der Bundesrepublik, Migrations- und Fluchtbewegungen aus der EU fern zu halten, auf die Spitze getrieben. Ich erinnere an den Vorschlag zur Schaffung von Aufnahmelagern in Nordafrika, jüngst vom Bundesinnenminister De Maiziere wieder aufgelegt und von der SPD begrüßt.
Aktuell laufen die Verhandlungen der EU mit despotischen Regimen, vor allem im afrikanischen Raum, auf Hochtouren – Ziel ist es, diesen Staaten finanzielle Anreize zu geben, sich an der Migrationsabwehr der EU zu beteiligen. Die Bundesrepublik ist mit ihrer Kanzlerin entscheidender Motor dieser Verhandlungen.
Das Perfide ist: Die schmutzigen Deals werden als Fluchtursachenbekämpfung deklariert – in Wirklichkeit aber schmälern sie die Chancen der Menschen, die in Freiheit und Würde leben wollen und stärken Regime, die Fluchtbewegungen durch wirtschaftliches Missmanagement, Korruption und Menschenrechtsverletzungen verursachen.
In dieser derzeit durch die Regierung offensiv betriebenen Logik bewegt sich der Antrag der AfD. Menschen sollen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Krisenherden festgehalten werden. Nicht nur werden damit internationale Übereinkommen über die Gewährung von Asyl untergraben, begründet wird dieser Vorschlag dann auch noch mit einem unverhohlenen Rassismus. Es geht nicht mehr um Schutz, Menschenwürde und Perspektiven für das eigene Leben. Argumentiert wird mit „Kulturkreisen“, mit „Gebräuchen und Sitten“. Schutzsuchende aus außereuropäischen Kulturkreisen könnten sich nicht anpassen, so der Subtext der Antragsbegründung. Und das ist einfach nur noch widerwärtig. Grundsätzlich ist die Identität eines Menschen nicht in Stein gemeißelt, zudem verleugnet die AfD, dass Flucht oft dadurch verursacht wird, dass sich Menschen aus der Enge von religiösen Regimen und Unfreiheit befreien wollen.
Wenn wir beim Krieg in Syrien bleiben und uns die Zahlen und Folgen anschauen, dürfte sich der menschenverachtende Vorschlag der AfD eigentlich rein logisch in Luft auflösen:
Der seit 2011 wütende Krieg in Syrien hat etwa die Hälfte der Bevölkerung zur Flucht gezwungen. Fast sieben Millionen Syrerinnen und Syrer sind im eigenen Land vertrieben. Fast fünf Millionen syrische Flüchtlinge hat das UNHCR bisher in den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Irak, Türkei und Nordafrika registriert – etwa die Hälfte davon sind Kinder. Die meisten der Geflüchteten in den Anrainerstaaten sind nahezu mittellos und dringend auf Hilfe angewiesen, die Versorgung mit dem nötigsten ist nicht gesichert, medizinische Hilfe prekär, die hygienischen Zustände unhaltbar, ganz zu schweigen von zum Beispiel Schulbildung oder Zukunftsperspektiven.
Nur ein kleiner Teil der Geflüchteten aus Syrien ist in Europa angekommen, in Deutschland leben 12 Prozent von ihnen, in Zahlen sind das etwa 600.000 Menschen. Allein diese Zahl, über welche ungleichen Dimensionen wir hier reden.
Der vorliegende Antrag wäre lächerlich, wenn er nicht eine traurige, weil bodenlos antihumanistische Denkweise in sich tragen würde. Und das schlimmste daran ist: Diese Linie ist inzwischen offizielle Politik und spielt auch beim anstehenden G 20 Gipfel in Hamburg eine Rolle.
Als LINKE schließen wir uns den Forderungen diverser NGOs an: Es braucht legale Einreisewege nach und einen uneingeschränkten Zugang zum Asylverfahren in Europa. Anstelle von Entwicklungshilfe als Erpressung zur Migrationsabwehr, braucht es eine faire Wirtschafts- und Handelspolitik zwischen globalem Norden und Süden, statt Rüstungsexporten aus Europa braucht es zivile Konfliktlösungsmechanismen.
Wir lehnen den Antrag ab.