MDR exakt berichtete gestern über die veränderte Abschiebepraxis des Freistaates nach Afghanistan. Auf Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Juliane Nagel bekundete das Innenministerium kürzlich, dass Sachsen dem neuen Ruf der Bundeskanzlerin folgt und Abschiebungen nach Afghanistan nicht mehr auf Straftäter*innen, sogenannte Gefährder*innen und „hartnäckige Identitätsverweigerer*innen“ beschränkt (Drucksache 6/13829). Laut Exakt-Recherche ist Sachsen neben Bayern und Mecklenburg-Vorpommern das einzige Bundesland, das so handelt. Im Juli 2018 wurden bereits drei Geflüchtete aus Sachsen im Rahmen der bundesweit organisierten Sammelabschiebung nach Kabul ausgeflogen, zwei davon gehörten nicht in die benannten Kategorien. Mein Kommentar:
Erneut beweist die sächsische Regierung, dass ihr Menschenleben offenbar herzlich egal sind. Selbst der neue Lagebericht des Auswärtigen Amtes sagt klar: Die Sicherheitslage in dem von Krieg, Terroranschlägen und Armut gebeutelten Land bleibt höchst prekär. Der Lagebericht der Regierung selbst führt vor Augen, dass landesinterne Fluchtmöglichkeiten eine Schimäre sind. Nach dem Global Peace Index 2017 ist Afghanistan nach Syrien das zweitunsicherste Land der Welt. Weite Teile des Landes sind von den Taliban beherrscht, auch IS-Ableger sind im Land aktiv, die offizielle Regierung kann nicht für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen.
Dass die Bundeskanzlerin trotz dieses Berichtes, der von Nichtregierungsorganisationen als unvollständig kritisiert wurde und trotzdem ein äußerst bedrohliches Bild von der Sicherheitslage zeichnet, uneingeschränkte Abschiebungen nach Afghanistan befürwortet, ist fahrlässig. Dass Sachsen ihrem Aufruf folgt, ist kalkulierte Beihilfe zum potentiellen Tod von Menschen.
Bei der jüngsten Sammelabschiebung aus Sachsen wurde auch ein Mensch abgeschoben, der in Lohn und Brot stand und gut integriert war, und ein weiterer Mensch, der psychisch erkrankt war. Sachsens Staatsregierung hat in ihrem Abschiebewahn jedes Maß verloren.
Die Linksfraktion erwartet, dass wenigstens die SPD, die dazu viel zu lange geschwiegen hat, endlich Arsch in der Hose zeigt und sich in der Staatsregierung dafür einsetzt, dass aus Sachsen nicht mehr nach Afghanistan abgeschoben wird und auf der Bundesebene endlich konsequente Schlussfolgerungen aus der schlechten Sicherheitslage im Land gezogen werden. Bis dahin braucht es ein Moratorium für alle laufenden Asylanträge von afghanischen Geflüchteten und eine Neuprüfung der in den letzten Jahren entschiedenen.
PM, 26. Juli 2018