Am 17. Januar gab es ausnahmsweise zwei positive erscheinende Nachrichten aus den Höhen der sächsischen Regierungspolitik. So ließ das Innenministerium verlautbaren, dass die Residenzpflicht für geduldete AusländerInnen in Sachsen gelockert werde.Bisher dürfen diese sich wie AsylbewerberInnen nur in dem Landkreis oder in der kreisfreien Stadt bewegen, in die sie von der zuständigen Behörde zugewiesen sind. Die Residenzpflicht bedeutet eine krasse Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, im ein besseres Leben zu führen und/ oder um vor politischer, staatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung oder vor Armut und Katastrophen zu fliehen. So begrüßenswert die von Innenminister Markus Ulbig verkündete Neuregelung ist, so kritikabel ist ihre gleichzeitige Beschränkung: Geduldete, die vorbestraft sind oder ihrer „Mitwirkungspflicht“ in Bezug auf die Identitäts- und Herkunftsfestellung nicht nachkommen, bleiben genau wie AsylbewerberInnen von dem „Privileg“ begrenzt freier Bewegung ausgeschlossen. Warum viele Asylsuchende überhaupt straffällig werden oder eben nicht bei der akribischen behördlichen Recherche nach ihren Personaldokumente helfen bleibt ausgeklammert – der Grund ist die restriktive bundesdeutsche Asylgesetzgebung, in der das Gewähren von Asyl eher die Ausnahme als die Regel ist. Ausgeklammert bleibt auch, dass sich Sachsen bzw die BRD mit der langsamen Aufweichung der Residenzpflichtregelungen eigentlich nur dem europäischen Standard anpasst. Die in Deutschland gängige Residenzpflicht ist in Europa einmalig. Und mehr noch: Deutschland ist eigentlich bestrebt diese Regelung auf den Schengen-Raum auszuweiten mit dem Ziel Flüchtlinge effektiv zu verwalten und zu kontrollieren. Ausgeklammert bleibt auch, dass die nicht der Residenzpflicht unterliegenden Asylsuchenden sich ihren Wohnort nicht frei wählen dürfen.
Die zweite Nachricht betrifft die konkrete Wohnsituation von Asylsuchenden in Sachsen. Wie der sächsische Integrationsbeauftragte Martin Gillo im Rahmen der Vorstellung seines Berichts für 2010 bekannt gab, sollen 5 von 30 Massenunterkünften in Sachsen geschlossen werden. Nach einem Ampelsystem seien die von Gillo besuchten Heime bewertet worden: grün – vorbildlich, gelb – zu beobachten und rot – inakzeptabel, so die Bewertungsmatrix. Im Bericht selbst werden nur fünf „grüne“ Beispiele angeführt – darunter auch das Heim in der Liliensteinstrasse in Leipzig-Grünau. Die Negativ-Beispiele bleiben ausgespart. Genau wie die Frage inwieweit die zwangsweise Unterbringung in Heimen überhaupt menschenwürdiges Leben ermöglicht.
Wie positiv die kleinen Veränderungen für die Betroffenen selbst sein mögen – die Logik der nationalen bzw. Volkszugehörigkeit als Zugang zu Grund- und Menschenrechten in Deutschland und Europa bleibt unangetastet. Wer von außerhalb der EU in Deutschland Asyl sucht, muss feinsäuberlich begründen und v.a. nachweisen, dass er/ sie im Herkunftsland politisch verfolgt wird. Während Flüchtlinge in Warteschleifen (Asylverfahren) geparkt (Heimunterbringung, minimale Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz, Residenzpflicht, Arbeitsverbote…) werden, werden hochqualifizierte MigrantInnen gezielt nach Deutschland geholt. Das Nützlichkeitsprinzip nutzt Flüchtlingen unterm Strich gar nichts, ihrer Arbeitskraft wird maximal illegal und zu miesen Konditionen ausgebeutet.
Nicht nur die Residenzpflicht und die Heimunterbringung gehören gänzlich abgeschafft. Es sind die kapitalistischen Kategorie der Nützlichkeit von Menschen und das Prinzip der Nation, die über Bord geworfen werden müssen. So kitschig es klingen mag: Menschenwürde muss unteilbar sein.