Wohnen muss bezahlbar sein – Sozialwohnungen schaffen und Mieterschutzinstrumente umsetzen: Unser Antrag wurde im Dezember-Landtagsplenum diskutiert. Wir wollen damit den Wohnungsbau, vor allem im sozialen Segment, ankurbeln und Mieter*innenschutzinstrumente in Gang bringen. Nur mit einer breiten Palette an Maßnahmen kann Wohnarmut minimiert werden. Meine Rede zum Antrag:
Wohnen wird zum Armutsrisiko. Darauf weisen Mieter- und Sozialverbände und wir als Linke seit langem hin. Die Paritätische Forschungsstelle hat zum Thema Wohnarmut erst letzte Woche eine Kurzexpertise veröffentlicht. Basierend auf den Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden die Einkommen um die Wohnkosten bereinigt und so eine Wohnarmuts-Grenze ermittelt. Diese Wohnarmuts-Formel macht ein bislang unsichtbares Ausmaß der Armut sichtbar. Sichtbar wird hier auch, dass dort wo die Einkommen niedrig sind die Wohnarmut trotz niedrigerem Mietniveau größer ist. Betroffen sind dabei vor allem junge und ältere Menschen und Alleinerziehende. In Sachsen liegt die Wohnarmutsquote mit 20,3 % um mehr als 5 % über der reinen Armutsquote.
Betrachten wir dazu die Mieterhöhungen der letzten Jahr in Sachsen müsste es auch der oder die letzte in diesem Plenarsaal eingestehen: es gibt ein veritables Problem, nicht mehr nur in Dresden und Leipzig. Hinzu kommt: es steigen nicht nur die Kaltmieten, sondern auch Nebenkosten für Energie, Heizung oder Müllabfuhr.
Als Linke meinen wir: Wohnen ist ein essentieller Teil der Daseinsvorsorge. Das Grundrecht auf Wohnen zu sichern darf nicht dem Markt überlassen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass gerade Menschen mit geringen Einkommen und kleinen Renten bezahlbar und gut wohnen können.
Und dazu gibt es verschiedene Stellschrauben.
In unserem vorliegenden Antrag wollen wir zunächst an zweien drehen: An der sozialen Wohnraumförderung einerseits, an den Mieterschutzinstrumenten andererseits.
Es ist kein Geheimnis: Das Baugeschehen ist bundesweit und auch in Sachsen und besonders im Sozialwohnungsbausegment in den Keller gegangen.
Das vollmundige Versprechen der Ampel-Regierung, dass im Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen sollen, davon 100.000 Sozialwohnungen wurde deutlich unterschritten. Im Jahr 2023 wurden 270.000 Wohnungen fertiggestellt, für das Jahr 2024 prognostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nur noch 265.000. Beim Sozialwohnungsbau wurde nicht mal die Hälfte des Ziels erreicht. Der Bestand sinkt trotzdem, da alte Sozialwohnungen aus den Bindungen fallen.
In Sachsen wurden 2023 nur 512 Sozialwohnungen geschaffen, der Hauptteil in Leipzig. Seit Neustart der Wohnraumförderung in 2017 – also in 7 Jahren – sind in Leipzig bisher real knapp 1300 Sozialwohnungen entstanden, es bräuchte aber mehr als 2000 im Jahr! Noch trüber sieht es in Dresden aus: bis einschließlich 2023 sind hier 640 Sozialwohnungen entstanden, der Bau neuer ist faktisch zum Erliegen gekommen. Laut Pestel-Institut brauchen wir in Sachsen knapp 48.000 Sozialwohnungen – das werden wir weder mit dem zur Verfügung stehenden Budget im Landeshaushalt noch den Förderrichtlinien in ihrer derzeitigen Ausgestaltung schaffen.
Insbesondere die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum, mit dem der Sozialwohnungsneubau in Dresden und Leipzig gefördert wird, ist dysfunktional. Trotz Novellierung berücksichtigt gmW nicht die steigenden Angebotsmieten in Leipzig, so dass ein großes Fördergap entsteht, das die Stadt Leipzig versucht mit einer kommunalen Förderung zu stopfen. Da der städtische Haushalt klamm ist, steigen die Sozialwohnungsmieten inzwischen auf 6,90/ qm. Nur ein Bruchteil der wenigen neu entstandenen Sozialwohnungen können sich auch Sozialleistungsempfänger*innen leisten.
Das wollen wir dringend ändern und schlagen ihnen nicht nur die Evaluation sondern auch entsprechende Änderungen in der Richtlinie vor, die schnell greifen sollen.
Essentiell für beide Großstädte ist zudem die Koppelung der Fördersätze an den Baukostenindex, um eine flexibel Anpassung der Förderbedingungen an sich schnell verändernde Baukosten zu gewährleisten. Eine Änderung der Richtlinien hat in den vergangenen Jahren immer viel zu viel Zeit gekostet.
Damit uns die Sozialwohnungen nicht in ein paar Jahren verloren gehen, wollen wir die Bindungsdauern erheblich verändern: 30 Jahre wie im Koalitionsvertrag niedergeschrieben wäre ein Anfang, das hatten wir schon vor ein paar Jahren hier im Landtag gefordert. Notwendig wären dauerhafte, nicht zeitlimitierte Sozialwohnungen in der Hand öffentlicher und gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen.
Dass es für die die Richtlinie preisgünstiger Wohnraum, die die Modernisierung von Bestandswohnhäusern fördert, einen Antragsstopp wegen der fehlenden Haushalte gibt, halten wir für fahrlässig. Gerade weil der Sanierungsstau groß ist und die RL gut nachgefragt wird, muss es hier schnell weitergehen. Wir beantragen zudem eine Förderung denkmalgeschützter Häuser in die FRL aufzunehmen.
Zum 2. Antragskomplex wurde heute schon viel gesagt. Der Schutz von Mieterinnen und Mietern braucht eine breite Palette an Instrumenten, die dort eingesetzt werden müssen, wo sie gebraucht werden. Das trifft neben der Mietpreisbremse auch auf die Absenkung der Kappungsgrenze bei Mietspiegelmieterhöhungen zu, die in Sachsen dringend verlängert werden muss. Eigentlich hatte die Ampel eine Absenkung der Kappungsgrenze von 15 % auf 11% Mieterhöhung in drei Jahren versprochen: Gekommen ist genau nichts. Als Linke wollen wir auch hier mehr: in einem großen Bündnis mit Sozialverbänden, Mietervereinen und DGB wollen wir einen Mietenstopp für die Gebiete mit exorbitanten Mieterhöhungen samt Härtefallregelung für faire Vermieter, historisch wurden in Deutschland Mieten schon öfter stark reguliert: Etwa 1922 mit der „Friedensmiete“, von 1949 bis 1954 in Westdeutschland und bis 1987 in West-Berlin.
Doch lassen sie mich zum Schluss auf das Instrument schauen, das ich nun schon seit längerem in Anfragen und Redebeiträgen fokussiere, die Umwandlungserschwernis von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. In Leipzig ist der Weiterverkauf von Wohnungen, vor allem an Eigentümer aus dem Westen und die Zerlegung von Mietswohnhäusern in Eigentumswohnungen gängiges Geschäftsmodell. Für Mieterinnen und Mieter bedeutet dies oft Mieterhöhungen und Eigenbedarfskündigungen. Die Stadt Leipzig will dieses Geschäftsmodell genau wie die Landeshauptstadt Dresden erschweren, braucht dafür aber die Rechtsverordnung des Landes. Und das Land: Verweigert den Erlass der Umwandlungsverordnung mit Verweis darauf, dass die beiden Städte keinen angespannten Wohnungsmarkt hätten. Das ist wirklich an Absurdität und Faktenferne nicht zu überbieten. Und wir meinen, dass sich das ändern muss.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Das eigene Zuhause ist ein essentieller Bestandteil eines guten Lebens, Lebensmittelpunkt, Rückzugsbereich und Ruhepol . Wenn dieser bedroht ist, ob durch Kostensteigerungen, Verdrängung oder Entmietung, dann gerät das Leben aus den Fugen. Sorgen Sie mit uns dafür, dass ein großer Teil der Menschen im Mieterland Sachsen keine oder zumindest weniger Sorgen haben müssen.