Fast drei Monate lang erhielten ukrainische Kriegsopfer in den sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen keine Sozialleistungen, obwohl sie darauf einen Anspruch haben. „Die, die im Krieg sind, schicken uns Geld“, sagte eine aus der Ukraine geflohene Frau, die in Leipzig untergekommen war, dem MDR. Bereits am 10. Mai hatte Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion, eine Anfrage an die Staatsregierung gerichtet, die nun beantwortet ist (Drucksache 7/9854). Das Ergebnis: Geflohene Kriegsopfer, die in den Aufnahmeeinrichtungen untergebracht und noch nicht bei einer Kommune registriert worden sind, fielen in Sachsen durchs sozialrechtliche Raster. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden dennoch auch künftig nur am Menschen ausgezahlt, „soweit diese am oder nach dem 16. Mai 2022 in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht waren oder sind“ – für die Zeit davor gab und gibt es kein Geld. Mein Statement:
„Unsere Solidarität mit den Kriegsopfern darf nicht infrage stehen. Es ist ungerecht, dass viele von ihnen so lange keine Sozialleistungen erhalten haben. Viele standen angesichts der Probleme beim Währungsumtausch quasi mittellos da. Irgendwer in der Staatsregierung muss gehörig ins Schwitzen gekommen sein, als Kleine Anfragen und Presseanfragen eingingen. Immerhin hatte sich der Ministerpräsident, als das noch populär war, für ein sorgloses Ankommen aller Kriegsopfer ausgesprochen. Immerhin wurde jetzt schnell eine Lösung gefunden – dabei gab es schon lange Beschwerden, gerichtet an die Landesdirektion und an Johanniter wie Malteser, welche die Aufnahmeeinrichtungen in Leipzig betreiben. Fast drei Monate lang wurden keine Sozialleistungen gezahlt. Die Verantwortung liegt bei der Landesdirektion Sachsen, zuständig für die Aufnahmeeinrichtungen, unter der Aufsicht des Innenministeriums. Ich hoffe, dass es zu einer gerichtlichen Klärung kommt und Nachzahlungen erfolgen. Eine Nachfrage, weshalb ausgerechnet der 16. Mai nun als Stichtag gilt, habe ich eingereicht (Drucksache 7/10123).
Die Landesdirektion scheitert seit Jahren selbst am Basis-Management der Unterbringung und Verteilung von Geflüchteten. Es spricht Bände, dass sie keinerlei Problembewusstsein dafür hat, dass Menschen wochenlang ohne Geld auskommen müssen, weil die Landesdirektion sie nicht registriert hat oder obwohl die Landesdirektion sie registriert hat. Das muss aufhören. Gleichzeitig fordere ich die Leitung der Johanniter und Malteser auf, zu prüfen, ob Anspruch und Handeln noch im Einklang sind. Das scheint nicht der Fall zu sein, wenn Geflüchteten mitgeteilt wird, ausbleibende Sozialleistungen seien kein Problem, oder wenn, wie im MDR-Beitrag berichtet, Beschäftigte gefeuert werden, die für eine kritische und menschenrechtsorientierte Sozialarbeit stehen.“
PM 22. Juni 2022