Am Freitag, 11. Juni 2021 wurde ein leer stehendes Haus in der Tiefe Straße 3 in Leipzig-Anger-Crottendorf besetzt. Die Aktiven wiesen damit ein knappes Jahr nach der Besetzung der Ludwigstraße 71 auf das weiterhin virulente Problem des Leerstandes von Wohnungen hin. Nach diesem Jahr sind noch immer keine erkennbaren Maßnahmen ergriffen worden. Gerade in nachgefragten Vierteln im Leipziger Osten stehen reihenweise Wohnhäuser leer, während die Mieten steigen, Freiräume schwinden. Ich war während der Aktion vor Ort und habe eine Solidaritätskundgebung vor dem besetzten Haus angemeldet:
Die Räumung der Tiefe Straße 3 bedeutet ein weiteres Mal die Kapitulation des Staates gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen. Ich begrüße, dass Engagierte selbst aktiv werden und Wohnraum aktivieren und gemeinwohlorientiert nutzen wollen, wie es die Besetzer*innen getan haben. Dass es nicht nur um eine spektakuläre Aktion ging, zeigt, dass sie auf Kommunikation setzten und ein Nutzungskonzept (https://leipzigbesetzen.noblogs.org/post/2021/06/11/nutzungskonzept-fur-die-tiefe-strase-3/) entwickelt hatten. Am Samstag sollte eine Anwohner*innenversammlung stattfinden, in der gemeinsam über die Entwicklung des Hauses diskutiert werden sollte.
Seit der Besetzung der Ludwigstraße 71, die am 2. September 2020 nach knapp 2 Wochen geräumt wurde, ist zwar viel über das Problem spekulativen Leerstands diskutiert wurden, sind Stadtratsbeschlüsse gefällt worden, passiert ist aber nichts. Das Haus in der Tiefe Straße 3, das einer Immobilienfirma mit Sitz in Bayern gehört, und schon lange leer steht, ist nur eines von vielen Beispielen.
Fakt ist: Eigentum verpflichtet. Wenn Immobilienunternehmen Häuser leer stehen lassen, um ihr Geld zu vermehren und damit die Wohnungsnot gerade in nachgefragten Vierteln verschärfen, muss eingegriffen werden. Ein wirksames Instrument wäre ein Zweckentfremdungsverbot, mit dem Leerstand sanktioniert werden könnte. Doch diesem Instrument, das die Kommunen erst mit einer Ermächtigung durch die Landesebene bedienen könnten, verweigert sich in Sachsen vor allem die CDU.
Ich danke den Besetzer*innen, dass sie ein weiteres Mal den Finger in die Wunde gelegt haben. Im übrigen bin ich der Meinung, dass die Besetzung von lange leer stehenden Häusern bei Vorlage eines Nutzungskonzeptes entkriminalisiert gehören. Dass Menschen für das Wohl der Gemeinschaft aktiv werden, ist zu honorieren, nicht zu bestrafen!
PM 12. Juni 2021