Schnell nachdem Corona auch die Bundesrepublik voll im Griff hatte, wurden wichtige und richtige Forderungen für den Umgang mit Geflüchteten formuliert. Denn diese gehören ganz klar zu den marginalisierten Gruppen, die besonders betroffen sind.
Schluss mit der Sammelunterbringungen, Schluss mit Abschiebehaft, ein Abschiebestopp, Verlängerung von Aufenthaltsdokumenten, gleichberechtigter Zugang zu medizinischer Versorgung und sachgemäße Information sind im Kern die aktuellen Notwendigkeiten für geflüchtete Menschen (umfassende Forderungen u.a. beim Sächsischen Flüchtlingsrat und Pro Asyl).
Eine kompakte Information gab es durch das zuständige Sächsische Innenministerium nicht. Nur tröfpchenweise drangen Informationen in die Öffentlichkeit: In den Abschiebeknast würden zumindest keine neuen Menschen kommen, Abschiebungen würden nur durchgeführt, wenn die betreffenden Herkunftsländer die Menschen zurücknehmen und es Flugverbindungen gäbe.
Ins Augen fallen derzeit die Massen-Quarantäne-Maßnahmen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl, wo über 400 Menschen fest sitzen und in Halberstadt, wo aktuell ebenfalls fast 900 Personen wegen einer nachgewiesenen Erkrankung unter Quarantäne gestellt wurden. Ein solches Vorgehen ist unverhältnismäßig und unsachgemäß, führt zu Konflikten auf einem sowieso extrem beschränkten Raum ohne nennenswerte Privatsphäre.
In Sachsen gibt es nach zwei nachgewiesenen Infektionen in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Max-Liebermann-Straße in Leipzig eine Teilquarantäne, die wesentlich verhältnismäßiger ist. Dort sind derzeit knapp 30 Menschen in einem der sieben Häuser isoliert. Beschwerden gibt es dagegen in der Erstaufnahme in Dölzig, wo es an Seife, Desinfektionsmittel und Toilettenpapier mangelt und Raum zur Distanz kaum gegeben ist.
Ob es eine Massen-Quarantäne wie in Thüringen und Sachsen-Anhalt auch in Sachsen geben wird, ist nicht klar. Auszuschließen ist nichts, wenn es etwa EA wie die in der Hamburger Straße in Dresden oder in Dölzig betreffen sollte.
Kommunale Verteilungen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen sind derzeit und vorerst für drei Wochen gestoppt, entgegen der Forderung gerade jetzt dezentral in den Kommunen unterzubringen.
Einen generellen Abschiebestopp gibt es in Sachsen nicht. Die Überstellungen nach der Dublin-Verordnung wurden vom BAMF ausgesetzt. Ansonsten macht Sachsen Abschiebungen davon abhängig ob die Herkunftsländer „unter den gegenwärtigen Umständen zur Rücknahme ihrer Staatsbürger bereit sind“. Ein Armutszeugnis.
Im Abschiebeknast wurden Neuaufnahmen gestoppt. Aber: Es sitzen weiterhin zwei Personen (Stand 27. März) in Haft. Um deren Freilassung wird vor Gericht gestritten, was zermürbend und unverhältnismäßig ist. Wenn der Knast leer ist, wird die Einrichtung nach Angaben des SMI „ruhend gestellt“. Aktualisierung: Seit 1. April sind alle Inhaftierten frei!
Bezüglich Test und gesundheitlicher Versorgung gibt es nach Aussagen diverser Stellen keine Einschränkungen für Menschen, die im Bezug des Asylbewerberleistungsgesetzes sind. Es ist zu hoffen, dass diese Gleichstellung in der Praxis auch Niederschlag findet.
Wichtig ist auch, dass ausländerrechtliche Dokumente wie Aufenthaltstitel, Gestattungen oder Duldungen pauschal verlängert werden. Die sächsischen Ausländerbehörden wurden vom Land über die Verfahrensweise im Fall eines eingeschränkten Dienstbetriebes informiert und gebeten formlose Bescheinigung zu verwenden, die bis zum 17. April 2020 Gültigkeit besitzt.
Last but not least: Die Informationen in mehreren Sprachen. Zahlreiche NGO und Initiativen sind hier vorangegangen und haben wichtige Informationen übersetzt. Inzwischen hat auch das Land die Übersetzung der Allgemeinverfügungen vorgenommen. Immerhin.
Es bleibt unabdingbar weiterhin Aufmerksamkeit walten zu lassen und dorthin zu schauen, wo in der Regel wenige Menschen hinschauen (können).
Genau jetzt zeigt sich, dass die zahlreichen Benachteiligungen von geflüchteten Menschen kontraproduktiv sind. Die vielen Erleichterungen müssen auch in die Zeit nach Corona gerettet werden.