Wahlaussagen für den Süden: Wohnen, Verkehr, Freiheitsrechte & soziale Frage!

Der Karli-Blog hat mich zu den LINKEN Zielen für den Leipziger Süden befragt. Hier könnt ihr meine ausführlichen Antworten nachlesen:

Der Countdown zur Leipziger Stadtratswahl am 26. Mai läuft. Doch wer tritt im südlichen Wahlkreis 4 an, zu dem unter anderem die Südvorstadt und Connewitz gehören? Und wofür wollen sich die Parteien und Politiker einsetzen? Der Karli.blog hat alle Kandidatinnen und Kandidaten der großen Parteien angeschrieben und sie nach ihren Vorhaben und Positionen befragt. Im zweiten Teil der Serie bezieht Juliane Nagel Stellung, die von den Linken nominiert wurde.

Frage: Wie wollen Sie das Leben der Menschen im Leipziger Süden in den kommenden Jahren konkret verbessern, falls Sie gewählt werden?

Juliane Nagel: Die Herausforderungen liegen auf der Hand: Wohnen, Stadtentwicklung, Verkehr und sozialer Zusammenhalt.

Zu den ersten beiden Themen später mehr, zur sozialen Frage soviel: Auch wenn die Südvorstadt und Connewitz nicht zu den ärmsten Ortsteilen gehören, müssen wir gesamtstädtisch dafür sorgen, dass Kinderarmut und soziale Marginalisierung, Armuts“karrieren“ und Wohnungslosigkeit konsequent bekämpft werden. Wir engagieren uns für gute Löhne und gegen Ausbeutung von Menschen, und zwar auch in Szenekneipen und Spätis. Jeder Mensch muss die Möglichkeit für ein selbstbestimmtes Leben ohne Existenzangst haben. Das fängt bei der Kitabetreuung an, perspektivisch möglichst kostenfrei und zu besseren Bedingungen, Ausbau der Schulsozialarbeit, eine gut ausgestattete Jugendhilfelandschaft, bis hin zu einer kräftigen und regelmäßigen Anhebung der Kosten der Unterkunft, Förderung von öffentlichen Beschäftigungsmöglichkeiten bis hin zu einer guten Senior*innenunterstützung, u.a. durch barrierfreies Wohnen und Beratungs- und Treffpunkte. Auch die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte ist mir ein Anliegen, für das ich mich bisher auf vielen Ebenen beschäftigt.

Nicht zuletzt ergeben sich auch Themenverschränkungen mit politischen Initiativen, die uns als LINKE im Landtag beschäftigen. Wir haben uns lange und intensiv gegen das neue sächsische Polizeigesetz, gegen den Überwachungs- und Sicherheitswahn, engagiert und werden dies auch weiterhin tun. Auf kommunaler Ebene kann man sich auch ganz konkret damit auseinandersetzen. So klage ich zum Beispiel derzeit gemeinsam mit dem Laden NoBorders in der Wolle-Heinze-Straße gegen die polizeiliche Videoüberwachung am Kreuz, auch so ein Dauerbrennerthema.

In der Südvorstadt stiegen die Mieten in den vergangenen Jahren kräftig. Was würden Sie tun, damit Wohnen in der Stadt bezahlbar bleibt?

Die Instrumente der Stadt, für bezahlbares Wohnen zu sorgen, sind zwar begrenzt, müssen aber konsequenter ausgereizt werden. Das heißt: Milieuschutz zuerst für Connewitz, dann auch für die Südvorstadt. Für Connewitz wird das auf Antrag der Linksfraktion im Stadtrat bereits geprüft. In Milieuschutzgebieten sind Luxussanierungen nicht mehr möglich, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verboten, im Fall des Verkaufs einer Immobilie kann der öffentlichen Hand ein Vorkaufsrecht zufallen.

Die Stadt muss sich gegenüber dem Land außerdem für ein Zweckentremdungsverbot für die Umwandlung von Wohnraum in Hotel- und Ferienwohnungen und eine Mietpreisbremse aussprechen, mit der die Mieterhöhung bei Neuvermietung von 20 auf 10 Prozent gedrückt werden kann. Ich will dafür sorgen, dass die leer stehenden Wohnungen der LWB in Connewitz und der Südvorstadt endlich instand gesetzt und wieder vermietet werden, zu Mieten, die beim Satz der Kosten der Unterkunft liegen. Ich möchte erreichen, dass die Stadt und ihre Firmen die Stadtentwicklung nicht privaten Investor*innen überlassen.

Wie bewerten Sie den Vorschlag des Jugendparlaments, die Karl-Liebknecht-Straße zu einer Fahrradstraße umzuwidmen?

In Sachen Verkehr steht die Linke klar an der Seite von Fußgänger*innen, Radfahrenden und dem Öffentlichen Personennahverkehr. Autos schädigen Umwelt und Klima im Besonderen, sind laut und werden unsere Stadt auf mittelfristige Sicht verstopfen. Wir wollen das Radwegenetz verbessern und Radfahren genau wie Fußverkehr komfortabler und sicherer machen.

Als allumfassende Alternative wollen wir den ÖPNV ausbauen, konkret beispielsweise die Linie 9 wieder aktivieren und die Taktungen auf viel befahrenen Strecken verstärken. Und wir wollen Bus und Bahn bezahlbar machen, mittelfristig über die Einführung eines solidarisch finanzierten Bürger*innentickets.

Der Vorschlag des Jugendparlaments ist ein wichtiger und guter Vorstoß, der 2010/2012 schon einmal intensiv diskutiert wurde. Damals wurde sich darauf geeinigt, alternativ die Bernhard-Göring-Straße zur Fahrradstraße umzugestalten. Das ist zwar im Radverkehrsentwicklungsplan festgeschrieben, passiert ist bisher aber genau nichts. Ich halte eine erneute Debatte für sinnvoll und würde mich – wenn die Argumente für die Karli sprechen – auch anschließen. Das sollte aber gemeinsam, mit Radfahrer*innen, Anwohner*innen und Gewerbetreibenden, diskutiert werden.

Als Minimalvariante würde ich zunächst ein konsequentes Einschreiten gegen Falschparker*innen auf den Radfahrstreifen und eine Verbesserung der Situation aussprechen, zum Beispiel durch abschnittweisen Vorrang für Radverkehr an Problemstellen wie zwischen Südplatz und Kurt-Eisner-Straße stadtauswärts und zwischen Scharnhorststraße und Kurt-Eisner stadteinwärts.

Vergangenes Jahr hat die Stadt in der Südvorstadt neue Straßenbäume gepflanzt. Daran gab es auch Kritik, weil Pkw-Stellplätze wegfielen. Soll die Stadt in Zukunft weitere Straßenbäume pflanzen, auch wenn dadurch Stellflächen verschwinden?

Klar soll die Stadt weitere Bäume pflanzen. Das ist gut fürs Stadtklima und Stadtbild! Die Stadt hat sich selbst die Pflanzung von 1.000 neuen Bäumen pro Jahr zum Ziel gesetzt. Ein Ziel, das nicht erfüllt wird.

Wir sind als Linke klar: Weniger Autos, mehr Carsharing und Ausbau des ÖPNV sowie Einrichtung von Anwohner*innenparkplätzen. Statt über ein paar Bäume zu streiten, müssen viel mehr Bäume gepflanzt werden. Dies natürlich unter klarer und zielgerichteter Information und auch Beteiligung der direkten Anwohner*innen. Diese müssen Info- und Diskussionsangebote aber auch wahrnehmen, statt sich im Nachhinein lautstark zu beschweren.

Der Verein Haus Steinstraße verlässt mittelfristig die Südvorstadt. Das Haus gehört der Stadt. Was soll mit der Liegenschaft passieren?

Die Südvorstadt hat kaum Anlaufpunkte für Kinder und Jugendliche jenseits von Kita und Schule und kaum soziale und kulturelle Anlaufpunkte jenseits von Kneipen, Gaststätten und Kino. Insofern wäre für mich klar, dass das Haus als öffentlicher Raum für diese Zwecke erhalten bleiben soll.

Viele Menschen ärgern sich über die vielen illegalen Graffiti und Schmierereien im Leipziger Süden. Halten Sie das ebenfalls für ein Problem und falls ja, was soll dagegen unternommen werden?

Ich stehe zu meiner Meinung: Graffiti ist kein Verbrechen. Nicht alle teilen die Einschätzung, dass Graffiti „Schmierereien“ sind. Wir brauchen einerseits mehr Orte, an denen Menschen Graffiti als Kunstform erproben können. Als Linke haben wir maßgeblich daran mitgewirkt, dass 2015 die Koordinierungsstelle Graffiti eingerichtet wurde, die einen akzeptierenden Umgang mit Graffiti als Jugendkultur stark macht und konkrete Projekte realisiert.

Jenseits dessen müssen wir Graffiti als Form des Protestes ernst nehmen. Insbesondere in Connewitz werden Graffiti als Kommunikationsform im öffentlichen Raum und als Mittel gegen Aufwertung genutzt, sie sind auch ein Zeichen der Ohnmacht gegenüber steigenden Mieten. Mein Büro, das linXXnet, hat im Dezember 2018 eine Diskussion veranstaltet, in deren Rahmen Eigenheimbesitzer*innen, Sprayer und Mieter*innen genau über diese Fragen ins Gespräch gekommen sind. Die wichtigste Aussage des Abends war meines Erachtens: Graffiti kann nicht wirklich etwas gegen steigende Mieten ausrichten, wir brauchen andere, wirksame Formen der Organisierung und des Protestes. Und: Wir müssen miteinander sprechen und gemeinsam Lösungen finden.

Außerhalb des Zentrums gibt es nirgends so viele Einzelhändler wie im Zentrum-Süd und der Südvorstadt. Wie wollen Sie die Händler aus dem Stadtrat heraus unterstützen?

Als Linke bekennen wir uns zur kleinteiligen Gewerbestruktur wie sie im Leipziger Süden vorzufinden ist. Die kleinen Geschäfte stehen für Kreativität und Vielfalt, die zahlreichen Gastro-Einrichtungen für eine lebendige Stadt und ein urbanes Nachtleben! Wir haben uns in der laufenden Wahlperiode erfolgreich für die Abschaffung der Sperrstunde eingesetzt. Wir unterstützen ebenfalls Spätis, die Öffnungszeiten über die gesetzliche vorgesehene Grenze von 22:00 Uhr haben. Es braucht im sächsischen Ladenöffnungsgesetz eine Sonderregelung für Spätis.

Ansonsten ist der Einfluss der Kommunalpolitik auf privatwirtschaftlich geführtes Gewerbe beschränkt. Wir können vor allem für gute Rahmenbedingungen für Fußgänger*innen und eine gute verkehrstechnische Anbindung der Läden sorgen und natürlich auch Druck machen, dass bürokratische Gängeleien, was zum Beispiel Lichtwerbung oder Freisitze betrifft, keine Überhand gewinnen.

Wenn Sie im Stadtrat sofort drei Maßnahmen oder Vorhaben umsetzen könnten, welche wären das?

(1) Die sofortige Einführung von Milieuschutzsatzungen in den fünf vorgesehenen Gebieten, zuzüglich Connewitz.
(2) Einführung des 365-Tage-Tickets und mittelfristige Umwandlung in ein solidarisch finanziertes Bürger*innenticket.
(3) Instandsetzung und Sanierung der leer stehenden LWB-Bestände im Leipziger Süden in enger Kooperation mit den Mieter*innen und sofortige Vermietung der leer stehenden Wohnungen in diesen Häusern zu Mieten, die sich an den Kosten der Unterkunft orientieren.

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