Am 28.8.2018 suchten kurz nach 10 Uhr Polizeibeamt*innen das alte linXXnet in der Bornaischen Straße 3d auf. Mit einem Durchsuchungsbeschluss, der auf den 27. Juli 2018 datiert.
Grund der Durchsuchung war das im linXXnet-Schaufenster hängende so genannte „Fahndungsplakat“, das politisch Verantwortliche für den Polizeieinsatz in Hamburg aus Anlass des G-20-Gipfels im Juli 2017 zeigt. Das Plakat versucht in zugespitzter Weise auf die in Hamburg stattgefundene, medial aber unterbelichtete Polizeigewalt gegen Kritiker*innen des Staatenverbund-Treffens aufmerksam zu machen und wählt dabei das Mittel der imitierten Öffentlichkeitsfahndung. Damit wird die Form aufgegriffen, die die Polizei zur Suche von Tatverdächtigen in einer grundrechtlich überaus bedenklichen Weise angewendet hat, aufgegriffen. Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) schrieb seinerzeit dazu: „Diese Präsentation von echten oder angeblichen Beschuldigten hat mit Steckbriefen nichts mehr zu tun. Es handelt sich um die umfassende Aufforderung an die Bevölkerung, Hilfssheriff zur spielen. Es handelt sich um die Aufforderung, eine Vielzahl von Menschen zu jagen, deren Tat oder Tatbeitrag völlig ungeklärt ist.“
Doch zurück nach Leipzig-Connewitz.
Die Beamt*innen stellten das inkriminierte Plakat als Beweismittel sicher. Der Tatverdacht der „Verleumdung“ (Strafanträge wurden gegen das Plakat durch den Einsatzleiter der Polizei zum G 20, Hartmut Dudde, den Hamburger Innensenator Andy Grothe und den Hamburger Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer gestellt) richtet sich nicht gegen das linXXnet, sondern gegen „unbekannte Dritte“.
Soweit so schlecht.
Dass mehr als sieben Monate nachdem die lokale Print-Presse das Thema hochgespielt hat und CDU, AfD, Grüne und SPD in diesen hysterischen Chor eingestimmt hatten, nun eine Beschlagnahmung stattfindet, irritiert. Irritiert vor allem im Kontext der aktuellen Ereignisse, wo in Chemnitz Neonazis und Rassist*innen schalten und walten und Menschen jagen, bedrohen und verletzen können, ohne dass die Polizei einschreitet. Irritiert, wo der Umgang der sächsischen Polizei mit der Pressefreiheit so kritisch wie noch nie diskutiert wird. Aber: die Zeit für eine absurde Beschlagnahmung in einem linken Projekt bleibt natürlich.
Fragwürdig ist der Zeitpunkt der Beschlagnahmung aber nicht nur deswegen. Wie allseits bekannt, fungieren die Schaufensterscheiben des linXXnet faktisch als öffentliche Litfasssäule. Initiativen und Einzelpersonen können hier Plakate anbringen. Das Plakat wurde mehrfach abgenommen, um Platz für andere Ankündigungen zu schaffen und wieder angebracht. Die auf ihm vorhandenen Spuren werden so keine Hinweise zu vermeintlichen Täter*innen sondern nur zu Nutzer*innen des linXXnet liefern. Wir prangern diese offenkundige Ausspähung und Kriminalisierung unserer Besucher*innen an und legen dagegen Beschwerde ein.
Warum die Polizei den Strafanträgen der Hamburger Granden und Verantwortlichen für brutale Polizeieinsätze während des G 20-Gipfels erst jetzt nachgeht, ist fragwürdig. Spuren, die jetzt dort festgestellt werden, dürften wenig Aussagekraft über die Urheber*innenschaft haben.
Beschlagnahmungen von entsprechenden Plakaten gab es bereits in Berlin. Ein Ergebnis der Ermittlungen der dortigen Ermittlungen ist uns nicht bekannt.