Mein Statement zur Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf ihre Kleine Anfrage (Parlaments-Drucksache 6/11030) „Vorfälle beim Spiel TSV 1862 Schildau und Roter Stern Leipzig
Sind faschistische Parolen, antisemitische Gesänge und Beschimpfungen aus dem neonazistischen Vokabular legitime Antwort auf die Anwesenheit linker Fußballfans? Bei Auswärtsspielen vom Roten Stern Leipzig in Schildau geschieht das seit Jahren, eine Auseinandersetzung damit findet in sächsischer CDU-Manier nicht statt. Die Antworten von Innenminister Markus Ulbig sind ein weiterer Nachweis: „Der Fußballverein Roter Stern Leipzig ’99 e. V. und dessen Anhängerschaft vertreten politisch links gerichtete Positionen. Die Spielstätten bzw. Stadien werden hierbei als Bühne genutzt, um politische Auffassungen darzustellen.“ Auf dieser Einschätzung basiert die Lagebeurteilung der Behörden bei Auswärtsspielen des Roten Stern Leipzig.
Es gilt als anrüchig, illegitim, wenn linke Fußballfans einen Verein gründen und im Stadion eine Meinung äußern. Ganz im Sinne der unsinnigen Phrase: „Politik hat im Stadion nix zu suchen.“ Für Parteipolitik gilt das zu Recht. Wer aber Aussagen zu gesellschaftspolitischen Problemlagen dazu zählt, ignoriert, dass Fußball eine gesellschaftlich relevante Rolle hat, dass Rassismus, Antisemitismus und faschistische Ideologie in Stadien ausgelebt wurden und werden. Der Deutsche Fußballbund hat die gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs erkannt, positioniert sich entsprechend und fordert dies von den Fußballvereinen. Im CDU-regierten Sachsen gilt die diskriminierende Äußerung immer noch als unpolitisch, während dem Stern vorgeworfen wird, eine „Bühne“ für „politische Auffassungen“ zu nutzen.
Seit Jahren trifft sich die regionale Neonaziszene bei Spielen des TSV Schildau gegen den Roten Stern Leipzig. Die Schildauer Vereinsführung ist nicht gewillt, sich damit auseinanderzusetzen. Stattdessen hat man ein komplettes Meinungsäußerungsverbot im Stadion per Hausordnung durchgesetzt. Dieses richtet sich offensichtlich gegen die Fans des Roten Sterns. So setzte sich der Präsident des TSV Schildau am 15. Oktober dafür ein, dass RSL-Spieler „Nazis raus aus den Stadien“-T-Shirts ausziehen. Die auffälligen, eindeutigen Neonazi-Shirts in der Schildauer Anhängerschaft interessierten ihn wiederum kaum (eine Aufzählung derer findet sich auf der facebook-Seite des RSL). Eine eigenartige Bühne, die der Innenminister da beschreibt.
Der Sächsische Fußballverband erscheint wie eine politische Vorfeldorganisation der sächsischen CDU. Der Vorsitz wird nach Parteibuch vergeben. Ähnlich der Sachsenunion im Umgang mit Rassismus und Neonazismus hat auch der Fußballverband zweieinhalb Jahrzehnte die Augen verschlossen. Es braucht auch im Verband dringend eine Änderung der politischen Kultur!
PM 21. November 2017