Wie weiter nach Dresden 13. Februar 2010? - Plädoyer für eine inhaltliche Debatte. Ein Blick auf die Mobilisierung gegen den größten Naziaufmarsch Europas, verfasst von den Dresden-AktivistInnen des Aktionsbündnis Leipzig nimmt Platz, zu denen ich gehör(t)e
I. Einleitung
Massenblockaden mit 10.000 bis 12.000 Menschen haben den Nazi-Aufmarsch in Dresden 2010 zum ersten Mal verhindert. Das ist ein Erfolg. Daher dürfen das Bündnis „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“, seine InitiatorInnen und alle Beteiligten zuversichtlich sein. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt: eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Gedenkkultur in Dresden und mit der Diskreditierung zivilgesellschaftlichen Protests in Form von zivilem Ungehorsam durch sächsische PolitikerInnen und Behörden. Nicht zuletzt die eigene inhaltliche Ausrichtung des Bündnisses als Akteur ist kritisch zu hinterfragen. Dazu soll dieser Text von Mitgliedern vom „Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz“ anregen.
II. Gedenken in Dresden: Eine Mischung aus Nichtwissen und Nichtwissen-Wollen
Nazis knüpfen mit ihrer jährlichen Demonstration an Haltungen an, die auch von vielen politischen und zivilgesellschaftlichen AkteurInnen und BürgerInnen in Sachsen in Teilen mitgetragen werden. Einige öffentliche Aussagen und Forderungen sollen hier beispielhaft genannt sein. Dabei stellt sich die Frage: Sind es Ausrutscher, Unbedachtheiten? Oder doch Zeichen für eine unzureichende Aufarbeitung der Dresdner Vergangenheit? Wir sollten jeder noch so unverfänglich wirkenden Form von Geschichtsrevisionismus die Stirn bieten.
Märchen N° 1:
Der Krieg, der seine Tatzen nach Dresden ausstreckte
Die BewohnerInnen von Dresden waren keine unschuldige Stadtgemeinschaft, nach welcher der Krieg „seine Tatzen“, wie Oberbürgermeisterin Helma Orosz in einer Rede am 13. Februar 2010 sagte. (1)
Mit diesem Bild erweckt sie den Eindruck, der Zweite Weltkrieg sei ein unzähmbares, wildes Tier gewesen – von einigen wenigen Nazis in Deutschland entfesselt. Schließlich habe es auch die von jeder Geschichtlichkeit losgelöste Stadt Dresden erfasst. Das ist schlicht falsch. Auf der städtischen Website zur Menschenkette steht ganz richtig:
„Wie jede deutsche Großstadt war Dresden vielfältig in den Krieg eingebunden – als bedeutender Militärstandort, als Verkehrsknotenpunkt und als eines der wichtigsten noch verbliebenen Rüstungszentren. Zum Alltag gehörten wie überall im ‚Dritten Reich’ auch in Dresden rassistische Ausgrenzung, politische Überwachung, systematische Entrechtung, Gefängnis, Deportation und staatlich organisierter Mord. Die alte sächsische Residenz war längst kein Ort weltentrückter Kunstsinnigkeit mehr.“ (2)
Warum wird Dresden dann immer wieder als genau diese weltentrückte „Stadt der Künste“ (3) dargestellt, die dem alliierten Bomben-Angriff zum Opfer fiel? Auch das Bündnis muss seine Haltung dazu überprüfen. Im Aufruf zu den Blockaden ist zu lesen:
„Wir aber wissen: der verbrecherische Krieg ging von Nazi-Deutschland aus und kehrte 1945 nach Dresden zurück.“ (4)
Gut gemeint und doch fatal. Inwiefern konnte dieser Krieg zurückkehren? Er wurde in Deutschland geplant und von Deutschland ausgeführt, war also niemals verschwunden. Zudem ermöglichte nicht allein die Wehrmacht diesen Vernichtungskrieg. Auch bedeutende Teile der zivilen Bevölkerung beteiligten sich – ob explizit als TäterInnen oder implizit als MitläuferInnen. Ein Leitgedanke des Krieges, der von Deutschland ausging, war die industrielle Vernichtung von Menschenleben. Die militärische Niederschlagung Deutschlands durch die Alliierten war ebenso notwendig und unumgänglich, wie die anschließende Forderung der bedingungslosen Kapitulation.
Märchen N° 2:
Stilles Gedenken statt antifaschistischem Remmidemmi
Ein stilles Gedenken der toten DresdnerInnen, wie es von der Repräsentantin der Stadt, Helma Orosz, und vielen DresdnerInnen, immer wieder eingefordert wird, versperrt die Sicht auf den prinzipiell gerechten Impetus der alliierten Bomben-Angriffe 1945. Die Alliierten hatten jedes Recht, sich gegen das nationalsozialistische Deutschland zu verteidigen und sowohl der Shoah als auch weiteren Verbrechen ein Ende zu setzen.
Die Hegemonie des Opfer-Mythos in der Gedenkkultur Dresdens blendet den historischen Kontext jedoch kategorisch aus. Die Opfererzählung, wie sie Jahr für Jahr rituell aufgefrischt und bestätigt wird, vermengt die Toten der alliierten Bomben-Angriffe mit Kriegsopfern im Allgemeinen sowie mit den aktiv verfolgten Opfern während des Nationalsozialismus im Besonderen, ohne diese überhaupt zu benennen. Wichtige Zutaten für diese Erzählung sind Hitler in der Rolle des Verführers und seine kleine Naziclique. So ist es möglich, die Deutschen kollektiv nicht nur als Opfer des Nationalsozialismus erscheinen zu lassen, sondern zudem auch als die ersten, denen ein Gedenken gebührt. Ohne Frage – auch Menschen in Dresden haben im Krieg großes Leid erfahren. Doch die zu beobachtende Gedenkpraxis zeugt von einem fatalen Mangel an Einsicht in die Ursache dieses Leids.
Märchen N° 3:
Die Nazis und ihre willigen HelferInnen
Wer von „Nazis und ihre(n) willigen Helfer(n)“ (5) spricht, blendet aus, dass der Nationalsozialismus eine Massenbewegung war. Es stellten sich eben nicht die „demokratischen DresdnerInnen“ gemeinsam und entschlossen nationalsozialistischen Ideologie entgegen. Vielmehr wurde diese von weiten Teilen der Bevölkerung bereitwillig und aktiv mitgetragen. Daran ändert auch die Geschichte eines unschuldigen Kindes nichts, das am 13. Februar geboren wurde und seine jungen Mutter im „Feuersturm“ (6) – wie sie von Helma Orosz in einer Rede bemüht wurde. (7)
Märchen N° 4:
Die Botschaft von Dresden: Nie wieder Krieg
Der Forderung nach Frieden ist nichts entgegenzusetzen. Das kann jedoch nicht die erste Schlussfolgerung aus den 25.000 Toten in Dresden sein. Mit Verweisen auf die Bombardierung der Städte Warschau, Rotterdam und Coventry (8) findet eine Vereinnahmung der Todesopfer durch das nationalsozialistische Deutschland statt. Die Toten durch deutsche Bomben können nicht gleichgesetzt werden mit den Toten durch Waffen der Alliierten.
Märchen N° 5:
Mit der weißen Rose auf der richtigen Seite … bei den WiderstandskämpferInnen
Die Dresdner Oberbürgermeisterin steckte sich am 13. Februar eine Weiße Rose an und erklärte sie zum Symbol der von ihr initiierten Menschenkette. Es ist jedoch eine ungeheure Anmaßung, sich in dieser Weise in eine Traditionslinie mit dem aktiven Widerstand gegen ein vernichtungsorientiertes Regime einzureihen – dies steht auch den Blockierenden auf der Dresdner Neustadt-Seite nicht zu. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit schien auch Helma Orosz nicht entgangen zu sein. (9) Zugleich wurde den Nazis jedoch als Versammlungs- und Aufmarsch-Ort seitens städtischer Behörden der Bahnhof Neustadt zugewiesen, der als Ausgangspunkt für die Deportation zahlreicher Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager im Osten bekannt ist. Im Vorfeld wurde vielfach darauf hingewiesen. An dem Umgang mit dem Symbol der Weißen Rose und dem Bahnhof Neustadt wird deutlich: Hier gehen BürgerInnen und AmtsträgerInnen in Dresden selektiv mit Ereignissen der Vergangenheit um. Wo es passt, werden – fragliche – Zusammenhänge hergestellt. Wo es stört, wie im Falle des Bahnhofs, werden offensichtliche Bezüge ignoriert. Dieses Verhalten zeugt von der fehlenden Fähigkeit oder einem Mangel an Willen, geschichtliche Zusammenhänge zu erkennen und die eigene Position darin angemessen einzuordnen.
III. Blockaden und Menschenketten
III.1 Ankündigung: Blockaden gegen Nazis
Blockaden als Mittel zivilen Ungehorsams sind vor allem seit der Anti-AKW- oder der Friedensbewegung etabliert. Sitz-Blockaden gegen Nazi-Veranstaltungen, wie sie erfolgreich gegen Aufmärsche von Christian Worch in Leipzig oder gegen das Nazi-Großevent „Fest der Völker“ in Jena, Altenburg oder Pößneck angewandt wurden, gehören mittlerweile fest ins Repertoire antifaschistischer Praxis. Nachdem in Dresden in den Vorjahren eher das Prinzip zentraler Gegendemonstrationen und unsystematischer, spontaner Blockade-Aktionen praktiziert wurde, rief das breit aufgestellte Bündnis „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“ in diesem Jahr offensiv zur organisierten Blockade der Nazidemonstration auf.
III.2 Vorfeld: In Wort und Tat gegen die „Invasion der Extremisten“
Bereits im Vorfeld des 13. Februar wurden die geplanten Blockaden als bedrohlich und sicherheitsgefährdend dargestellt. Das repressive Vorgehen der Behörden (beispielsweise Hausdurchsuchungen und das Verbot eines Probesitzens) begleitete die offizielle Landes- und Stadtpolitik mit extremismustheoretisch motivierter Stimmungsmache. So strickten CDU und FDP mithilfe zahlreicher Medien weiter an der in Sachsen fest etablierten Mär des Extremismus von links und rechts, der die aufrechte Mitte der Gesellschaft mit Gewaltexzessen und Demokratiefeindlichkeit bedrohe. Der sächsische Verfassungsschutz warnte in diesem Sinne vor einer „Invasion der Extremisten“ (10), während Helma Orosz das gut-böse-Schema veranschaulichte, indem sie eine Menschenkette initiierte, die die Dresdner Altstadt vor dem „Eindringen von Rechtsextremisten“ schützen sollte. (11)
Die Landespolitik nutzte das theoretische Extremismusparadigma, um handfeste Grundlagen für die Praxis zu schaffen. Am 20. Januar, knapp vier Wochen vor dem 13. Februar, beschloss der sächsische Landtag mit Stimmen von CDU und FDP ein eigenes sächsisches Versammlungsgesetz. Mit dem sogenannten „Lex Dresden“ wird die offizielle Gedenkkultur mit ordnungspolitischen Maßnahmen zementiert. Versammlungen an historisch bedeutsamen Orten können mithilfe des bereits am 26. Januar 2010 in Kraft getretenen Gesetzes einfacher unterbunden werden. Weite Bereiche Dresdens werden mit dem Gesetz insbesondere am 13. und 14. Februar zu Demonstrations-Tabuzonen. Die Äußerungen der beiden Regierungsparteien illustrieren nur zu gut, worum es bei dem Gesetz geht:
„Bedrohliche extremistische Aufmärsche, Ausschreitungen, tätliche Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten, Gewalt gegen die Polizei, Sachbeschädigungen (…), das neue Versammlungsrecht setzt Extremisten deutliche Grenzen“,
kommentierte FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. (12) Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion beschwor das „stille Gedenken“das Ende des „Missbrauchs der Erinnerung“.
Der beschriebenen Logik folgend wurden die Blockierenden von vornherein als Extremisten mit niederen Zielen eingestuft, nämlich Sachbeschädigung (Vorsitzender der FDP-Fraktion Sachsen Zastrow), Gewalt gegen die Polizei (Sachsens Innenminister Markus Ulbig, CDU) und Verhöhnung der Opfer der Bombardierung Dresdens (OBM Dresden Orosz). Aufrufende und UnterstützerInnen der Massenblockaden, grundsätzlich der Idee von Gleichheit, Freiheit und Solidarität verpflichtet, wurden so mit Nazis in eins gesetzt. Ein absurdes Geschehen, stehen letztere doch für die Unfreiheit und Ungleichwertigkeit von Menschen.
III.3 Ereignisse am 13. Februar: Die Ruhe, die sie meinen
Die Ruhe, die die offiziellen Protagonisten sächsischer Politik herbeisehnen, ist trügerisch, denn sie verhindert die aktive Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, dessen Verherrlichung durch alte und neue Nazis und daraus zu ziehende Schlussfolgerungen für die Gegenwart.
Fernab des Geschehens - des geschichtsrevisionistischen Aufmarsches von Neonazis – rief die Oberbürgermeisterin zum Erinnern
„an die Zerstörung des Dresdner Stadtzentrums zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 durch alliierte Luftangriffe, an den Tod mehrerer Zehntausend Menschen und das Leid der Überlebenden“
und gegen
„den Missbrauch der Opfer der Zerstörung Dresdens zum Aufrechnen von Schuld“
auf. (14)
Gleichzeitig stellten sich auf der anderen Seite der Elbe AntifaschistInnen aus ganz Europa der praktischen Herausforderung, den Nazis die Stirn zu bieten. Dass sie es waren, die die Nazis am 13. Februar zumindest am Demonstrieren hinderten, wollte Helma Orosz auch am 14. Februar noch nicht wissen. In einer Pressekonferenz erwähnte sie ausschließlich die Menschenkette, der 15.000 Menschen gefolgt waren. (15)
Die mediale Berichterstattung kippte noch am gleichen Tag zugunsten der Blockierenden. Unter ihnen befanden sich auch TeilnehmerInnen der Menschenkette. Nicht das „stille Gedenken“ verhinderte den zum Ritual gewordenen jährlichen Nazi-Aufmarsch. Es waren Aktionen des zivilen Ungehorsams, das spontane und unangemeldete Dicht-Machen von Straßen und Plätzen. Hätten sich diese DresdnerInnen und auswärtigen Antifaschisten mit in die Menschenkette gekuschelt, wäre es den Neonazis vielmehr möglich gewesen, durch die Neustadt zu marschieren und Geschichtsrevisionismus zu betreiben.
IV. Wie weiter im Bündnis?
IV.1 Dresden „Nazifrei!“ – wirklich?
Der 13. Februar 2010 in Dresden hat gezeigt, dass sich Beharrlichkeit lohnt. Das selbst gestellte Ziel, den größten Nazi-Aufmarsch in Europa zu blockieren, haben Tausende Blockierende erfüllt. Doch dabei darf es nicht belassen werden. Dresden bleibt ein schwieriges Pflaster für eine tief gehende Auseinandersetzung mit Neonazismus, mit der eigenen Geschichte und mit der Extremismustheorie. Die aktive antifaschistische Arbeit muss weitergehen und das vor allem über den 13. Februar hinaus, zumal ein Fokus auf eben dieses Datum ungewollt den beschriebenen Mythos Dresden stärkt.
Bereits der selbst gewählte Bündnisname „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“ erweist sich dabei als problematisch und muss neu diskutiert werden. Der Name erweckt den Anschein, mit dem erfolgreichen Blockieren des Nazi-Aufmarschs sei Dresden tatsächlich frei von Nazis. Hier wird nicht beachtet, dass sich an diesem Tag von vornherein mehrere tausend Nazis in Dresden versammeln konnten – es sollte der Aufmarsch und nicht die Anreise sowie das Versammeln blockiert werden. Das teilweise ebenso erfolgreiche Blockieren der Anreise von Nazis, hat sich erst im Verlauf des 13. Februars ergeben. Anlass zu Jubel ist das jedoch nicht. Es wirft vielmehr die Frage auf, inwiefern Stadt und Polizei hier die Blockaden nutzten, um das Politisch Erwünschte (keine Medienbilder von marschierenden Nazis) zu erreichen.
Wir verkennen mit dieser Kritik mitnichten, dass das Bündnis und die erfolgreiche Verhinderung des Aufmarsches am 13.2. 2010 lokale antifaschistische und zivilgesellschaftliche Strukturen stärkt und für das alltägliche Problem neonazistischer Aktivitäten sowie Diskriminierung sensibilisiert. Nichts desto trotz bleibt es ein langer Weg bis der Anspruch, einen Großteil der DresdnerInnen zum „Querstellen“ zu bewegen und Dresden tatsächlich „nazifrei“ ist, erfüllt ist.
IV. 2 Zeit für intensive Debatte
Bisher stand im Bündnis „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“ die Aktionsform im Vordergrund. Das hat sich auch im Minimalkonsens des Bündnisses niedergeschlagen. Es ist klar, dass ein schmal gehaltener Konsens ein weitreichendes Einbeziehen verschiedenster Einzelpersonen, Gruppen, Initiativen und Organisationen ermöglicht. Gleichzeitig werden Abstriche in der inhaltlichen Auseinandersetzung akzeptiert. Aus der Dynamik des erstmals gestoppten Nazi-Aufmarsches in Dresden heraus, besteht jetzt die Möglichkeit, die dicke Decke eines schmalen Anti-Nazikonsenses zu durchstoßen. Dies hieße allerdings, sich nicht nur mit Strategieplanungen für Verhinderungsaktionen zu beschäftigen. Stattdessen ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Fragen wie diesen unabdingbar: Welche Gründe sind zentral für die Wahl Dresdens als Aufmarsch-Ort der Nazis? Warum konnte sich dieses offen antidemokratische Ereignis hier faktisch ungestört etablieren? Woher rührt der mehr als zurückhaltende Widerspruch und aktive Widerstand der Stadtgesellschaft? Wie ist der Entkontextualisierung des alliierten Bomben-Angriffes und der Rede von der „unschuldigen Kulturstadt“ zu begegnen? Antworten auf diese und andere Fragen sind unabdingbar, um nicht an der Oberfläche und schließlich in einer festivalisierten Anti-Nazi-Kultur zu verharren.
Uns ist durchaus bewusst, dass Dresden eine harte Nuss ist, zu identitätsstiftend ist die Zerstörung der Stadt im Februar 1945 für viele DresdnerInnen – selbst wenn sie diese, 65 Jahre später, meist nicht selbst erlebt haben. Der verhinderte Naziaufmarsch im Jahr 2010 bietet jedoch die Chance, die Debatte dort zu entfachen, wo sie geführt werden muss, in Dresden.
Leipzig, März 2010
www.leipzig-nimmt-platz.de
(1) Ein Krieg, der fünfeinhalb Jahre zuvor von Deutschen losgetreten worden war. Ein Krieg, der zehn Stunden später mit seinen Tatzen nach Dresden greifen, der auch die Johannstädter Kinderklinik niederwalzen würde.“ H. Orosz, Kranzniederlegung Heidefriedhof, http://13februar.Dresden.de/de/aufruf/rede_01.php (13.3.2010, 16.20 Uhr).
(2) http://13februar.dresden.de/de/historie/1945.php (13.3.2010, 16.20 Uhr)
(3) Hier, in dieser Stadt der Künste und der Kultur, verbrannten die Nazis schon im März 1933 auf dem Wettiner Platz Bücher, noch ehe sie in Berlin ihre Bücher-Scheiterhaufen zündeten.“ H. Orosz zum Auftakt der Menschenkette, http://13februar.dresden.de/de/aufruf/rede_02.php (13.3.2010, 16.20 Uhr).
(4) http://www.dresden-nazifrei.com/?page_id=590 (13.3.2010, 16.30 Uhr).
(5) „Dieser Tag vereinigt die Überlebenden mit den Nachgeborenen in der Erinnerung daran, wer diesen verdammten Krieg losgetreten hatte, der fünfeinhalb Jahre später seine Krallen auch nach Dresden ausstreckte: die Nazis und ihre willigen Helfer, von denen es, dies sei gesagt, auch in Dresden, nicht wenige gab.“ H. Orosz zum Auftakt der Menschenkette, vgl. oben
(6) „In der Nacht des 13. Februar 1945 reichte die Hälfte der eingesetzten Flugzeuge in zwei aufeinander folgenden Angriffen aus, im Zentrum Dresdens einen gewaltigen Feuersturm zu entfachen, gegen den es keine Gegenwehr mehr geben konnte.“ http://13februar.dresden.de/de/historie/1945.php (12.3.2010, 16.30 Uhr)
(7) „Wir betrauern heute die Opfer jenes furchtbaren Tages, der der erste im Leben Helga Jüsters war und der letzte im jungen Leben ihrer Mutter.“, H. Orosz zur Kranzniederlegung am Heidefriedhof, http://13.februar.dresden.de/de/aufruf/rede_01.php. (12.3.2010, 16.30 Uhr).
(8) Und bevor Dresden brannte, brannte Sempers Synagoge, brannten Warschau, Rotterdam und Coventry.“, H. Orosz zum Auftakt der Menschenkette, vgl. oben
(9) Liebe Freunde, die meisten von Ihnen tragen das Symbol der Weißen Rose. Erinnern wir uns heute an die Geschwister Scholl und ihren Kampf gegen die Nazidiktatur. Welches Risiko sind sie eingegangen, und welch hohen Preis haben sie dafür bezahlt. Wir sollten uns heute daran erinnern, denn wie einfach ist es heute, ein deutliches Zeichen gegen die Nazis zu setzen, wie gering ist das Risiko, dass wir heute eingehen: Wir fassen uns an den Händen.“, H. Orosz zum Auftakt der Menschenkette, vgl. oben.
(10) Tagesspiegel vom 8.1.2010, http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Extremisten-Dresden-Jahrestag;art122,2996461 (2.3.2010).
(11) „Die Menschenkette soll die Dresdner Innenstadt, die am 13. Februar traditionell ein Ort des Erinnerns und Mahnens ist, wie ein symbolischer Wall umschließen und damit vor dem Eindringen Rechtsextremer schützen.“, http://www.13februar.dresden.de/de/aufruf.php, (13.3.2010, 15.54 Uhr).
Medien und Dresdner Akteure verallgemeinerten die Menschenkette schnell zum Wall gegen jeglichen Extremismus, ein Beispiel ist beim Dynamo Dresden zu lesen: „Die von Oberbürgermeisterin Helma Orosz initiierte und eröffnete Aktion unter dem Motto „Denken und Handeln. Für mein Dresden.“ sollte die Landeshauptstadt symbolisch vor dem Eindringen von Extremisten schützen, die den 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens für menschenverachtende Ideologien missbrauchen. http://www.dynamo-dresden.de/aktuell/news-ansicht/archiv/2010/februar/artikel/menschenkette-ein-voller-erfolg-dynamo-mittendrin/, (13.3.2010, 14.45 Uhr).
(12) Pressemitteilung der FPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, 18.1.2010, http://www.fdp-fraktion-sachsen.de/artikel/neues_versammlungsrecht_setzt_extremisten_deutliche_grenzen.php (2.3.2010).
(13) Pressemitteilung der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag, 21.1.2010, http://www.sachsen-cdu-politik.de/2010-01/mdl-marko-schiemann-stilles-gedenken-wird-moeglich-925/ (2.3.2010).mithilfe des Gesetzes.
(14) Aufruf zur Menschenkette, http://www.13februar.dresden.de/de/aufruf.php (2.3.2010).
(15) „Anti-Nazi-Protest in Dresden. Orosz lobt nur sich“, Artikel in der taz vom 16.2.2010, http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ob-orosz-lobt-nur-sich/ (2.3.2010).
Ein Gedanke zu „Nazis stoppen reicht nicht“