Die schwarz-rote Landesregierung hat mit ihrer Konstituierung einen neuen Ministerinnenposten geschaffen. Das Amt der Ministerin für Gleichstellung und Integration bleibt allerdings eines ohne eigenen Geschäftsbereich.
In meiner Rede zum Haushaltsplan für den Ministerienbereich blicke ich auf dessen finanzielle Ausstattung
Rede zum Haushaltsplan des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz/ Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration in der Landtagssitzung am 28.4.2015
Es gilt das gesprochene Wort!
Wir begrüßen den neuen Ministerinnenposten für Gleichstellung und Integration ganz grundsätzlich und begrüßen auch, dass dieser auch eine finanzielle Entsprechung im Haushalt findet. Die Bündelung und explizite Verantwortungsübernahme für diese Themen bedeutet auch eine notwendige Aufwertung. Andererseits ist zu konstatieren, dass es sich um einen Ministerinnenposten ohne ordentlichen Geschäftsbereich bzw. eine Struktur vergleichbar der anderen Ministerien handelt.
Durch ein vergleichsweise hohes Volumen fällt die soziale Betreuung von Asylsuchenden und von ZuwandererInnen in den Blick. Hier sollen in drei Titeln 4,5 Millionen in 2015 und 7,5 Millionen Euro in 2016 ausgegeben werden, CDU und SPD wollen per Antrag hier nochmal je 3 Millionen aufstocken. Hinzu kommen weitere Ausgaben für Maßnahmen zur gesellschaftlichen Integration wie Ausgaben zur Stärkung der politischen Teilhabe oder der Aufbau eines Integrationsmonitorings oder für die psychotherapeutische Betreuung.
Wir erkennen hier klar einen Paradigmenwechsel, waren doch Asylsuchende vor noch gar nicht so langer Zeit in Sachsen explizit keine Zielgruppe von Integration.
Ein für uns ganz zentraler Punkt ist die soziale Betreuung von Asylsuchenden und ZuwandererInnen. Dass wir deren Finanzierung als Landesaufgabe betrachten, hören sie an dieser Stelle nicht zum ersten Mal. Wir begrüßen, dass hier endlich Geld in die Hand genommen und eine Förderrichtlinie erarbeitet wurde. Leider finden sich dabei Leerstellen. Gänzlich fehlt ein Qualitätsrahmen, sprich ein verbindlicher Personalschlüssel oder die Festschreibung von Fortbildung, Fachberatungen oder Netzwerkarbeit.
Die aus dem Unterbringungs- und Kommunikationskonzept von SMI und Landkreisen entnommene Fachkraft -Flüchtlings-Relation bleibt eine Empfehlung und ist mit 1:150 zu niedrig. Angesichts des Aufgabenspektrums und auch angesichts vielfältiger psychischer Beeinträchtigungen und Traumatisierungen der Geflüchteten ist dieser Schlüssel eigentlich nicht zumutbar.
Die Liga der Wohlfahrtsverbände und der Sächsische Flüchtlingsrat schlagen einen Schlüssel von 1:80 vor. In Leipzig liegt er bei 1:40 bzw. 1:50. Leider wurden diesbezügliche Anträge von uns abgelehnt.
Wir werden die Entwicklung in diesem Bereich verfolgen, und uns dazu bei den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt wieder zu Wort melden. Nach der hoffentlich flächendeckenden Implementierung von Flüchtlingssozialarbeit wird eine Evaluation nötig sein und dann werden wir sehen, dass wir nachjustieren müssen. Denn schon jetzt sind viele SozialarbeiterInnen, die in dem Bereich arbeiten, an ihrem Limit. Wir müssen uns gerade darum auch Gedanken machen, wie wir Supervisionen, Fachberatungen und Fortbildungen trägerübergreifend gewährleisten und refinanzieren können.
Jenseits der ganz neuen Posten lässt sich konstatieren, dass insbesondere im Bereich der Gleichstellung durch Umsetzungen im Haushalt in den neuen Geschäftsbereich Intransparenz entstanden ist, für uns Abgeordnete, insbesondere aber für Vereine.
Wir erwarten hier eine dauerhafte klar Zuordnung, was auch die konzeptionelle, stringente Weiterentwicklung der Bereiche ermöglichen würde.
Im Bereich Gleichstellung begrüßen wir ganz explizit die Einstellung von Geldern für Projekte zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen. Dies ist aus unserer Sicht längst überfällig und ein Meilenstein in der sächsischen Gleichstellungspolitik. Klar dass die AfD mit ihrem versteinerten Geschlechterbild hier radikal kürzen will. Das bestärkt unsere Sicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Vielleicht sind sie, liebe AfD, und ihre Klientel die richtige Zielgruppe für dieses Projekt.
Apropos: zwar sind im Bereich der Gleichstellung Erhöhungen der Ausgaben zu verzeichnen, diese gleichen jedoch nur aus was im HH 09/10 eingespart wurde. Das Problem besteht darin, dass einmal zerstörte Strukturen nicht ohne weiteres wieder aufgebaut werden können. Dies betrifft z.B. Ausgaben für Gleichstellungsprojekte und Projekte von Kommunen zur Förderung der Gleichberechtigung von Frau und Mann. Dieser Wiederaufbau von durch schwarz-gelb weggesparte Strukturen erfordert erhöhte Aufwendungen. Unser diesbezüglicher Antrag wurde im Sozialausschuss abgelehnt. Ebenso wie unser Antrag auf Wiedereinführung von Förderprogramm von Existenzgründungen und Unternehmenssicherungen von Frauen im ländlichen Raum. Dieses erfolgreiche Programm lief 2012 aus. Angesichts des durch Evaluation bescheinigten Erfolgs des Förderprogramms fragen wir uns schon welche politischen Prämissen die Gleichstellungspolitik der Staatsregierung folgt.
Bleibt nicht zuletzt die bei der neuen Ministerin angedockte Förderung von Unterstützungseinrichtung für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt, die aus unserer Sicht zu gering ausfällt. Dies wird Thema eines Änderungsantrages sein, den wir im folgenden hier zu Diskussion und Beschlussfassung stellen werden.
Gleichstellung und Integration sind keine Anhängsel der „harten“, „echten“ Themen, nein diese Maßnahmen sind essentiell, damit diese unsere Gesellschaft funktionieren kann. Darum können wir uns perspektivisch auch eine Aufwertung des Ministeriums vorstellen.