Am 9. April fand auf Einladung des Netzwerks Schlindewitz im Neuen Schauspiel in Leipzig-Lindenau eine Diskussionsveranstaltung zur Stadtentwicklung im Leipziger Süd- und Altwesten statt.
Auf dem kontroversen Podium wurden aktuelle Stadtentwicklungstendenzen, Gründe für, Effekte von sowie Lösungsansätze gegen Verdrängung durch Mieterhöhungen diskutiert.
Im Beitrag sind Sequenzen einiger Statements zum Status quo, zur Frage ob das Phänomen „Gentrifizierung“ genannt werden sollte und was politisch zu tun oder zu lassen ist, kommentiert zu hören.
>>> Beitrag vom linksdrehenden radio (10.4.2015)
>>> Zum kompletten Mitschnitt & Straßenumfrage
Es diskutierten:
Marco Böhme (DIE LINKE.SüdWest; MdL);
Norma Brecht (Bündnis “Stadt für alle”);
Rene Hobusch (Haus und Grund);
Heiko Müller (Stadtumbaumanagement Leipziger Westen);
Norbert Raschke (Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung)
Angela Seidel, Hausgemeinschaft Holbeinstraße 28a
Moderation: Jule Nagel
Was soll sich da denn tun, was soll das denn bringen?
Über 95% aller Wohnungen die in Leipzig verkauft werden, werden von Nicht-Leipzigern gekauft, die hier nicht wohnen! Also z.B. von West-Deutschen die über ausreichende Ersparnisse verfügen.
Sobald die Wohnungen verkauft sind, wird damit Geld gemacht, jeder Mieter ist dann ein Renditeobjekt der zur Geldvermehrung bis an die maximale Grenze ausgequetscht wird.
Ich sehe nur 2 Möglichkeiten um dem ein bisschen entgegen zuwirken:
1. Die Stadt muss mehr Wohnraum kaufen und bauen und darf den nur zu Selbstkosten vermieten, damit zumindest sozialschwache Bürger eine Chance auf angemessene Mietpreise haben. Die Stadt muss dabei auch darauf achten das überall in der Stadt hübsche Stadtwohnungen entstehen und nicht nur in Grünau etc…. was zu einer Getthoisierung führt.
2. Es muss endlich mehr innovative und hochwertige Industrie in Leipzig angesiedelt werden und andere hochqualifizierte Arbeitsplätze z.B. in Forschung an der Uni…. verstärkt geschaffen werden, damit sich mehr Leipziger eine Eigentumswohnung leisten können.
Es liegt also alles in der Hand des Rathauses und des Stadtrats!
Sehr geehrter „Martin“, ich greife die Frage zum Vermieten zu Selbstkosten mal auf. Haben Sie das jemals – wenigstens überschlägig – gerechnet?
Wollen wir einmal unterstellen, dass das Sanieren von 1 m² Wohnraum etwa EUR 1.000 kostet (es ist meist teurer). Unterstellen wir weiter ein langfristiges Zinsniveau für die Baufinanzierung von 3 % (der langfristige Schnitt ist höher). Dann kosten allein die Zinsen für diesen 1 m² Wohnfläche im Jahr EUR 30. Der Kredit muss aber auch getilgt werden – oder man muss die Abschreibung rechnen, weil so ein Haus auch irgendwann abgewirtschaftet ist und erneuert werden muss. Unterstellen wir die Lebensdauer / Tilgungsdauer einmal mit 40 Jahren (grundlegende Erneuerungsinvestitionen sind meist deutlich eher erforderlich), dann braucht man pro Jahr weitere EUR 25 für die Tilgung auf diesen 1 m². Ergebnis: allein für den Kapitaldienst auf Selbstkostenbasis sind pro Jahr also EUR 55 für 1 m² notwendig. Lassen Sie uns diese EUR 55 auf 12 Monate aufteilen – er ergeben sich EUR 4,58 / m² / Monat.
Bei dieser „Kalkulation“ sind noch keine Grundstückskosten dabei. Auch die Grunderwerbsteuer ist noch nicht dabei. Es ist auch keine lfd. Hausverwaltung dabei. Ebenfalls nicht kalkuliert ist ein Mietausfallrisiko. Auch ein zeitweiser Leerstand sollte in den 40 Jahren besser nicht vorkommen; kalkuliert ist er nämlich nicht. Maklerkosten, die nunmehr der Vermieter zahlen muss; Fehlanzeige – nicht kalkuliert. Es darf in den 40 Jahren auch nichts kaputt gehen, weil eine Instandhaltungsrücklage bei den EUR 4,58 / m² / Monat auch nicht dabei ist. Streit um Schönheitsreparaturen bei Auszug? Hoffentlich nicht, weil irgendwelche Malerarbeiten in den 40 Jahren auch nicht kalkuliert sind. Streit um Betriebskosten? Besser auch das nicht, weil ein Risikobetrag, wenn man auf irgendwelchen Betriebskosten sitzen bleibt, auch nicht dabei ist. Ein Gerichtsprozess wegen irgendetwas – hoffentlich nicht, weil kalkuliert ist es für EUR 4,58 / m² / Monat auch nicht.
Ein bisschen weniger Ideologie wäre hilfreich, bevor man auf die Vermieter schimpft, die einen angeblich „ausquetschen“.
Da scheint ein gebisserner Vermieter zu schreiben?
Wenn es private Vermieter gibt die in Leipzig vernünftigen Wohnraum zu 4 bis 4,50Euro /m² Kaltmiete anbieten können wie z.B. in Lindenau, dann kann die Stadt das durch sorgfältige Planung und sparsamen Mitteleinsatz auch schaffen.
Zumal die Stadt bereits über Grundstücke verfügt, es muss ja nicht gerade die AGRA sein, die Stadt verfügt über genug freien Raum und kann sicherliche auch sehr günstige Zinskonditionen für Kredite erhalten. Wahrscheinlich gibt es für den Sozialen Wohnbau sogar Fördermittel vom Bund oder Land.
Die Stadt / deren Wohnungsgesellschaft selbst hat schon einige Wohnungen mit 4,X Euro im Angebot, eben nur nicht genug.
Sicherlich ist es nicht im Interesse privater Vermieter, wenn die Stadt guten und günstigen Wohnraum schafft, ein solchen Angebot für sozialschwache macht schließlich die Rendite der privaten Investoren kapput, weil die Mieter genug günstigeren Wohnraum zur Verfügung hätten.
Doch genau das ist das Ziel :-)