Das Sächsische Innenministerium hat meine Kleine Anfrage zum Polizeieinsatz am 15./ 16.1.2015 beantwortet. An jenem Abend hatten sich mehr als 600 Menschen versammelt, um ihre Anteilnahme an dem ermordeten Geflüchteten Khaled Ausdruck zu verleihen. Aus der Ansammlung heraus war es zu Sachbeschädigungen und Angriffen auf Polizeifahrzeuge gekommen.
194 Personen wurden im Bereich der Braustraße festgesetzt. Gegen jene wird der Vorwurf des besonders schweren Landfriedensbruchs erhoben. Während der Umschließung der Personen wurden Personalien festgestellt und Gegenstände beschlagnahmt.
Im Einzelnen handelt es sich um:
- 150 Handys
- 13 Vermummungsgegenstände
- 6 SIM-Karten
- 4 analoge Filme
- 4 SD-Karten
- 3 iPods
- 2 Jacken
- 2 Micro-SD Karten
Die Rechtsgrundlagen für die Beschlagnahmungen sind laut Angaben des Innenministeriums die §§ 94 (Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken) und 98 StPO (Gefahr im Verzug). Die Anordnung zur Beschlagnahmung erfolgte durch einen Bereitschaftsstaatsanwalt um 22.47 Uhr.
Zwei Personen wurden in Zusammenhang mit der Spontandemo in Gewahrsam genommen. Ingesamt waren 348 PolizeibeamtInnen im Einsatz, darunter sogar Einsatzkräfte aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
Was offen bleibt: Entgegen anders lautender Presseberichte wurden im Zuge des Polizeieinsatzes auch Laptops beschlagnahmt. Diese finden sich in der Auflistung des SMI nicht.
Ob die pauschale Beschlagnahmung der Telefone und Computer aller von der Polizei eingeschlossenen Personen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist, muss auf dem Rechtsweg geklärt werden.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Februar 2008 (1 BvR 370/07) umfasst „das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) […] das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.“ Daraus lässt sich ableiten, dass es für die Ausspähung von Handys und anderen technischen Geräten hohe Hürden gibt. Sie kommt einzelverdachtsunabhängigen Wohnungsdurchsuchungen gleich. Ob die bloße Teilnahme an der Aktion, ohne dass ein konkreter Tatverdacht für eine Beteiligung an den Sachbeschädigungen besteht, dafür ausreicht, ist fraglich.
Laut SMI handelte es übrigens nicht um eine Spontanversammlung, „da bereits zuvor im Internet zu einer Teilnahme aufgerufen worden war“.
Ebenfalls wird in der Maßnahme – wenig überraschend – keine Grundrechtsverletzung gesehen. Die Sächsische Staatsregierung distanziert sich eingangs „von der präjudizierenden und tendenziösen Formulierung des Themas“.