Weltnest fragt in dieser Woche – wie soll es anders sein – nach dem Umgang mit den Rassist*innen von Legida
Martin fragt:
Die PEGIDA Spaziergänge in Dresden ziehen Woche für Woche mehr besorgte Bürger auf die Straße. In Leipzig ist für den 12. Januar ein Ableger namens LEGIDA angemeldet. Wie bereitet sich die Leipziger Politik darauf vor?
Meine Antwort:
Es war nur eine Frage der Zeit bis sich Trittbrettfahrer*nnen dem Label Pegida bedienen und lokale Aktionen vorbereiten. LEGIDA tauchte am 22. November 2014 via Facebook im Internet auf und sammelte bis heute über 4.000 Likes. Genau so schnell wie die anonym agierende Gruppe im Internet gegen den Islam und Flüchtlinge zu agitieren begann, so schnell formierten sich auch Menschen und Gruppen um dem etwas entgegenzusetzen. Leipzig kann aus einer reichhaltigen Szene von antirassistisch, antifaschistisch und zivilgesellschaftlich Aktiven schöpfen. Ich habe das Gefühl, dass diese ganz verschiedenen Spektren sofort sensibilisiert waren.
Dies ist nicht auf LEGIDA beschränkt, sondern betrifft genauso die leider auch in Leipzig alltäglichen Diskriminierungen, Proteste gegen Asylunterkünfte und gegen den Moscheebau in Gohlis.
Ohne es klein reden zu wollen, glaube ich, dass LEGIDA in Leipzig eher ein Placebo sein wird. Wie von Anfang an vermutet, stammen die Macher aus der rechten Fußball-Fanszene und mischen bei der virtuellen Hetz-Gruppe „Gohlis sagt nein“ mit, die nachweislich eine Vorfeldorganisation der NPD ist. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Nazipartei versucht mit Facebook-Tarnorganisationen rassistische Stimmung zu schüren, war aber im real life eher gescheitert.
Ich denke, dass wir in Leipzig gut auf den PEGIDA-Ableger vorbereitet sind. Es gibt bereits Anmeldungen für Gegenaktionen, verschiedenste Zusammenschlüsse bereiten Erklärungen und Aufrufe vor. Nicht zuletzt gibt es in Leipzig auch eine gute Tradition zivilgesellschaftlicher Widersetz-Aktionen gegen solche Aufmärsche.
Doch auch wenn es gelingen sollte LEGIDA in die Schranken zu weisen, wovon ich ausgehe, bleiben chauvinistische, autoritäre und xenophobe Denkmuster auch in Teilen der Leipziger Bevölkerung virulent. Da müssen wir uns nichts vormachen. Vor allem die AfD bildet für jene einen neuen Resonanzraum. Frei nach dem Motto: Ich habe nichts gegen Ausländer, aber nicht in meiner Nachbarschaft oder: die Guten, Leistungsfähigen rein, der Rest: raus oder eben: der Islam nimmt uns unsere „abendländische Kultur“ weg.
Ob hier in Leipzig, in Dresden, Berlin, Darmstadt, München, Ostfriesland – wir fechten gerade einen Kampf um ein Gesellschaftsverständnis aus: offen und solidarisch vs. geschlossen, borniert, und konkurrenzorientiert. Leider befeuert die offizielle Politik das letztere Verständnis. Das fängt bei der Stigmatisierung von sozial Benachteiligten an (die ja dazu erst durch diese kapitalistische Wirtschaftsweise & Politik gemacht wurden) und trägt sich weiter zu einem Verständnis von Integration, das für Menschen anderer Herkunft oder Religion allein Unterordnung unter vorgegebene „Werte und Normen“ bedeutet und mündet in der Einteilungen von Immigrant*innen in „nützliche“ und „unnütze“.
Sowohl Pegida als auch AfD machen das sichtbar, was in den Köpfen vieler Menschen vorgeht, was genau genommen aber subtil schon lange politisch und medial propagiert wird.
Und die Menschen, die Zielscheibe von Unterstellungen und Hass sind, Muslime, Geflüchtete und MigrantInnen? Die fallen in den aktuellen Debatten aus dem Fokus.
Summa summarum: wir brauchen einen Perspektivwechsel, wir brauchen mehr Empathie und eine klare Front gegen Menschenfeindlichkeit
Bildquelle: Netz gegen Nazis
Hallo Frau Nagel,
ihren sozialistischen Gedanken in Ehren.
Ich hoffe die in Deutschland lebenden Menschen sind bereit ihren Wohlstand zu teilen.
Schön wäre es.
Was ich eher denke ist, daß viele glauben nur durch dieses leistungsoriente, kapitalistische System zu diesem Wohlstand gekommen zu sein. Viele sind schlichtweg Verfechter der Leistungsgesellschaft.
Den Nachweis für eine konstruktive, soziale, tragfähige, freie und gerechte Gesellschaft konnte bisher kein sozialistischer / kommunistischer Entwurf erbringen.
Ich sage: Die Menschen sind erst egoistisch und nur bei Erfüllung dieser egoistischen Ansprüche im zweiten Schritt auch sozial und solidarisch.
Also Gegenthese zum kommunistischen „wir haben uns alle lieb und helfen uns“ Ansatz:
Noch mehr Leistungsgesellschaft in Deutschland noch mehr Bildungschancen, noch Förderung der besonders Schwachen und besonders Starken. Noch mehr wirtschaftlicher (wenn irgend möglich nachhaltig erwirtschafteter) Erfolg und somit weiterhin als Leuchtturm für unser Gesellschaftsmodell in der ganzen Welt anerkannt sein.
So ändern wir mehr in Welt zum Guten als durch Verleumden von (angeblich) nichtsolidarischem Verhalten wie von Ihnen betrieben.
Also Menschenfreundlichkeit = Nichtaufnahme von Integrationsunwilligen und Einwanderern in die permantente Nutzung der Sozialsysteme.
Menschenfreundlichkeit = Unterstützen aller Flüchtlinge, Vermeidung von Fluchtgründen, Integration als Erfolgsmodell betreiben, Einwanderung auch unter verübergehender Nutzung der Sozialsysteme organisieren (ja, die „Nützlichen“, das sind aber auch Alternative Kulturbereichernde Menschen – die Kriterien für „Nützlichkeit“ müssen wir erst einmal diskutieren!
Freundlich grüßt,
Dirk Neumannn