Abschiebungen sind für die Betroffenen eine individuelle Tragödie und Ausdruck einer restriktiven, rassistischen, auf nationalstaatliche Prinzipien & Interessen fixierten Politik.
Mit einer Demonstration soll am Samstag, 23. April in Leipzig die Praxis der Abschiebungen grundsätzlich infrage gestellt werden. Für offene Grenzen & ein Bleiberecht für alle!
Meine Pressemitteilung & Demoaufruf:
Abschiebungen rauben Lebensperspektiven
Dieser Tage rühmte sich der Freistaat, die Zahl der Abschiebungen sei massiv gesteigert worden. Im ersten Quartal 2016 seien 1.177 Menschen abgeschoben worden und damit so viele wie im gesamten Jahr 2014 nicht. Am Samstag findet in Leipzig ab 14 Uhr eine Demonstration des Asylum Seekers‘ Movement statt, die die Praxis der Abschiebungen grundsätzlich kritisiert. Juliane Nagel, flüchtlings- und migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, erklärt:
Es nimmt perfide Züge an, wie Sachsen sich hoher Abschiebungszahlen rühmt. Es darf nicht vergessen werden, dass Abschiebungen ein oft gewaltsam vollzogenes Zwangsmittel sind, das Menschen ihrer Lebensperspektive beraubt. Mit der Verschärfung des Asylrechts in den letzten anderthalb Jahren haben insbesondere CDU und SPD das Recht auf faire Asylverfahren für immer mehr Geflüchtete massiv ausgehebelt und die Hürden für den Vollzug von Abschiebungen gesenkt. Erinnert sei an die Erklärung der Westbalkan- und, wie geplant, der Maghreb-Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“. Zudem wurde die Abschiebung kranker und traumatisierter Menschen möglich. In den mit dem Asylpaket II geschaffenen „besonderen Aufnahmezentren“ werden Geflüchtete rechtsstaatlich bedenklichen Asylverfahren unterzogen. Jüngst kritisierten hochrangige Juristen die neuen Regelungen, da unter anderem der garantierte Zugang zu anwaltlicher Beratung und gesundheitlicher Betreuung nicht gewährleistet sei.
Abschiebungen machen auch vor gut integrierten Menschen keinen Halt. Vor einigen Wochen wurde der Fall von Didi Sefer, Mitbegründer, Trainer und Manager beim Fußballverein United FC bekannt, der von der Abschiebung nach Mazedonien bedroht ist. Dasselbe Schicksal erwartet Familie S. aus Deutzen im Landkreis Leipzig. Obwohl der Mann seit Sommer 2015 in einem Bäckereibetrieb arbeitet, sind er, seine Frau und die drei Kinder von der Abschiebung nach Albanien bedroht. Die Härtefallkommission lehnte die Gewährung eines Aufenthaltstitels ab. Die Betroffenen erwartet in den Herkunftsländern oft bittere Armut und Diskriminierung. Dies zeigt auch der Fall der Abschiebung einer damals 18-Jährigen aus der Asylunterkunft in der Markranstädter Straße in Leipzig im Dezember 2014. Mit ihrer Familie ist Tamara S. nach Tschetschenien zurückgekehrt. Der Zugang zu Bildung und erforderlichen Gesundheitsleistungen ist dort massiv eingeschränkt. Der Traum von einem besseren Leben hat sich nach einer gewaltsamen nächtlichen Abschiebung in Luft aufgelöst. Es gibt viele solcher dramatischen Beispiele. Schicksale verschwinden hinter der stolzen Präsentation von Statistiken.
Die Asylrechts-Verschärfungen müssen zurückgenommen werden, rechtsstaatliche Garantien im Verfahren sind einzuhalten! Die Forderung „Asylrecht durchsetzen“ darf nicht dazu führen, dass hilfebedürftige Menschen keine Bleibeperspektive bekommen.
Der Aufruf zur Demo vom Asylum seekers movement in englischer & deutscher Sprache (hier auch in weiteren Sprachen)
Stop Deportation – The right to stay for everybody
Join the demonstration on April 23, 2016 at 14:00 o’clock at Augustusplatz!
If you have been in Germany since summer 2014 or longer, you will probably remember non-citizens from Chechnya, whom you used to see in the camps, on the streets, at Sozialamt or Ausländerbehörde, etc. They used to be here because of political, economical and security problems caused by foreign intervention in their country.
But now, almost 2 years later, barely any Chechens are left, because almost all of them got deported back to Chechnya or third countries.
And before, more or less the same story happened to the non-citizens from other nations who were seeking asylum here: they were sent back unofficially to their countries of origin, they had even less chances of getting the acceptance based on their individual cases, and finally, their deportation got legalized by the law.
In 2015, during the beginning of the so-called “refugee crisis” and the arrival of thousands of new non-citizens in Germany, especially from war zones like Iraq and Syria, the German government passed several laws mainly focused on:
– making Germany less attractive for new refugees,
– officially deporting so-called “economic refugees”.
The outcomes of such laws are:
– non-citizens must spend up to 6 months in initial reception centers,
– special centers were built for non-citizens who will get deported just based on their nationality or the Dublin deal,
– Kosovo, Macedonia and Serbia were declared safe countries,
– massive deportation based on nationality started to take place,
– the use of charter flights makes interventions to stop them even harder, or almost impossible.
Massive deportations, in contrast to the so-called “welcome culture”, are happening secretly, without that much media coverage.
In simple words: Germany wants to limit the capacity for refugees, and due to the high number of new asylum seekers, the “old” refugees have to be deported.
Now there are plans to declare Tunisia, Algeria and Morocco safe countries, even though non-citizens from these countries barely have any chances to get asylum right now. Moreover, Germany is putting efforts into establishing “safe areas” in Afghanistan in collaboration with Ashraf Ghani, Afghanistan’s president, and is trying to deport more rejected Afghan refugees to Afghanistan.
Therefore we, “Asylum Seekers’ Movement”, a non-citizen based group, want to raise awareness about the topic among citizens and non-citizens. We want to protest against the negative effects of this practice on people’s lives with an anti-deportation demonstration in the city center of Leipzig on April 23rd.
Abschiebung stoppen – Bleiberecht für alle
Kommt zur Demo am 23. April 2016 um 14:00 Uhr am Augustusplatz!
Wenn ihr schon seit Sommer 2014 oder länger in Deutschland seid, werdet ihr euch wahrscheinlich an Non-Citizens aus Tschetschenien erinnern, die ihr in Lagern, auf der Straße, beim Sozialamt oder der Ausländerbehörde, etc. gesehen habt. Sie waren hier wegen politischer und finanzieller Probleme, die durch ausländische Intervention in ihrem Land verursacht wurden.
Aber jetzt, fast 2 Jahre nach diesem Sommer, sind kaum noch Tschetschen*innen hier, denn fast alle wurden nach Tschetschenien oder in Drittstaaten abgeschoben.
Das Gleiche passierte vorher schon Non-Citizens aus anderen Nationen, die hier Asyl suchten; sie wurden inoffiziell in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt, sie hatten noch weniger Aussicht auf Anerkennung ihres Asylantrags auf Basis ihres individuellen Falls, und letztendlich wurde ihre Abschiebung per Gesetz erlaubt.
Gleichzeitig mit der sogenannten “Flüchtlingskrise” und der Ankunft tausender neuer Non-Citizens in Deutschland, besonders aus Kriegsgebieten wie dem Irak und Syrien verabschiedete die deutsche Regierung 2015 mehrere Gesetze, die zum Ziel hatten:
– Deutschland weniger attraktiv für neue Geflüchtete zu machen,
– sogenannte “Wirtschaftsflüchtlinge” offiziell abzuschieben.
Die Folgen solcher Gesetze:
– Non-Citizens müssen bis zu 6 Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben,
– eigene Abschiebelager wurden errichtet für Non-Citizens, die auf Grund ihrer Nationalität oder der Drittstaatenregelung abgeschoben werden sollen,
– Kosovo, Mazedonien und Serbien wurden zu sicheren Herkunftsländern erklärt,
– es wurde mit massenhaften Abschiebungen auf Grund der Nationalität begonnen,
– der Einsatz von Charterflügen macht es schwer bis unmöglich die Abschiebung zu blockieren.
Im Gegensatz zur sogenannten “Willkommenskultur” werden solche Massenabschiebungen unbemerkt durchgeführt, ohne große Berichterstattung in den Medien.
Kurz gesagt: Deutschland will die Kapazitäten für Geflüchtete begrenzen, und wegen der großen Zahl neuer Asylsuchender müssen die “alten” Geflüchteten abgeschoben werden.
Nun gibt es Pläne, Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, obwohl Non-Citizens aus diesen Ländern zur Zeit ohnehin kaum Chancen auf Asyl haben. Außerdem strebt Deutschland in Zusammenarbeit mit Ashraf Ghani, dem afghanischen Präsidenten, die Errichtung von “Schutzzonen” an und versucht zunehmend, abgewiesene afghanische Geflüchtete nach Afghanistan abzuschieben.
Deshalb wollen wir, “Asylum Seekers’ Movement”, eine Gruppe von Non-Citizens, auf dieses Thema aufmerksam machen und gegen die negativen Auswirkungen dieser Praxis auf das Leben der Menschen protestieren – mit einer Anti-Abschiebungs-Demo im Zentrum von Leipzig am 23. April.