Die Zahl rechtsmotivierter Straftaten in Sachsen ist 2024 besonders drastisch angestiegen. Das zeigt eine Detailauswertung meiner monatlichen Kleinen Anfragen zu diesem Thema (zuletzt: Drucksache 8/1494). Demnach nahm die Polizei im vergangenen Jahr insgesamt 4.200 einschlägige Fälle auf – mehr als elf pro Tag, so viele wie noch nie zuvor im Freistaat. Es handelt sich um vorläufige Werte, die sich durch Neubewertungen und Nachmeldungen noch ändern können. Kürzlich erst in der amtlichen Statistik verbucht wurde zum Beispiel der Rechtsterrorismus-Fall der sogenannten Sächsischen Separatisten, gegründet „mit dem Ziel eines gewaltsamen Umsturzes“, wie es in der Datensammlung des Innenministeriums heißt. Dort ist man mit der Aufbereitung der Zahlen noch einige Wochen beschäftigt, wie bei der Beantwortung einer weiteren Kleinen Anfrage eingeräumt wird (Drucksache 8/1491). Mein Statement als Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik:
„Fest steht schon jetzt: Es handelt sich um ein alarmierendes Allzeithoch. 2023 hatten die Fallzahlen bereits ein extremes Niveau erreicht (2.704). Bei dem zusätzlichen Plus im vergangenen Jahr handelt es sich um einen auch im langjährigen Vergleich beispiellosen Sprung nach oben. Die dramatische Entwicklung dürfte zumindest teilweise auf das zurückliegende ,Superwahljahr‘ zurückzuführen sein: Besonders viele Taten ereigneten sich im Mai (590) und August (485), unmittelbar vor der Europa- und Kommunalwahl sowie der Landtagswahl. So ging es den Fallbeschreibungen zufolge mehr als 200 Mal um zerstörte Wahlplakate.
Bei den meisten verzeichneten Taten (79 Prozent) handelt es sich um sogenannte Propaganda-Delikte wie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (§ 86a Strafgesetzbuch) und Volksverhetzungen (§ 130 StGB). Allerdings gehen diese Fälle häufig einher mit Sachbeschädigungen. In die Statistik gingen auch 105 Körperverletzungen ein, die sich überwiegend gegen Menschen mit Migrationsgeschichte richteten. Eine dieser Taten wird offenbar als versuchter Totschlag bewertet. Zudem wurden fünf Brandstiftungen verzeichnet, unter anderem gegen Asylunterkünfte. Eine Asylunterkunft wurde mittels Pyrotechnik angegriffen; dieser Fall wird als Sprengstoffanschlag bewertet.
Wo ein näheres Tatmotiv ausgemacht werden kann, liegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit vor – das wurde in mehr als 1.000 Fällen gesondert vermerkt. Bei der regionalen Verteilung zeichnen sich klare Hochburgen ab: Die meisten rechten Taten ereigneten sich in den bevölkerungsreichen Städten Leipzig (604) und Dresden (545), gefolgt von den Landkreisen Zwickau (471) und Bautzen (363) – dieselben ,Hotspots‘ wie im Vorjahr. Vergleichsweise ,wenige‘ Taten gab es in Nordsachsen, dem Erzgebirgskreis und dem Vogtlandkreis, aber auch dort waren es jeweils mehr als 200. Wir haben es zweifellos mit einem Flächenphänomen zu tun, gegen das flächendeckend eingeschritten werden muss. Dazu ist dringend eine Neuauflage des Gesamtkonzepts gegen Rechtsextremismus nötig. Es muss weiterentwickelt und dann auch konsequent umgesetzt werden.
Im gesamten Jahr 2024 wurden sachsenweit sogar 8.058 Straftaten als politisch motiviert eingestuft. Neben den rechtsmotivierten Fällen handelt es sich dabei um 1.342 linksmotivierte Taten (2023: 1.098), weitere 153 werden einer ,ausländischen Ideologie‘ bzw. einer ,religiösen Ideologie‘ (2023: 127 bzw. 55) zugeschrieben. Einen besonders großen Bereich machen allerdings solche Fälle aus, die nicht eindeutig zuzuordnen sind (,sonstige‘): Zuletzt traf das auf 2.319 Taten zu. 2023 hatte es 1.770 und 2022 etwas mehr als 3.100 solcher Fälle gewesen. Was auffällt: Auch unter den ,sonstigen‘ Taten sind dutzende, denen nach polizeilicher Bewertung Ausländerfeindlichkeit oder Fremdenfeindlichkeit zugrunde liegt.“
PM 06. März 2025