Am 21. Mai 2025 hat sich der Landtag mit dem Vorschlag der Linken zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit befasst. Unser Antrag umfasst Vorschläge für Prävention vor und konkrete Hilfen für den Weg aus dem Leben auf der Straße. Trotzdem wurde er abgelehnt. Hier meine Rede zum Nachlesen. Und wir werden nicht aufhören Druck zu machen:
„Wohnungslosigkeit ist eine extreme Form von Armut. Sie bedeutet den Wegfall von Schutz, Rückzugsmöglichkeiten und macht die Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes verletzlich: Gewalt, Wind und Wetter, schwere Erkrankungen sind für die Betroffenen Alltag, Wer einmal seine oder ihre Wohnung verloren hat, hat es ungleich schwerer wieder eine neue zu bekommen.
Dass es Wohnungslosigkeit in einem reichen Land wie Deutschland überhaupt gibt, ist ein Skandal. Dass die Zahlen betroffener Menschen immer weiter steigen, ein noch größerer.
In Sachsen ist die Zahl zum Stichtag 31.1.2024 auf 4535 Menschen angewachsen, im Vorjahr waren es noch 2935. Ein Drittel von ihnen sind Frauen, 10 % zwischen 18 und 25 Jahren. Und: Die Dunkelziffer ist groß. Denn die Statistik des Bundesamtes umfasst nur die Personen, die in den offiziellen Übernachtungshäusern gezählt werden, obdachlose Personen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit (zum Beispiel bei Bekannten oder Angehörigen untergekommene Personen) werden nicht in der Statistik berücksichtigt. Dies erfasst der begleitende Wohnungslosenbericht der Bundesregierung, der aber nur wenig Bundesländerdaten umfasst. Demnach kamen bundesweit 60.400 bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten unter (verdeckt wohnungslose Personen) und rund 47.300 leben auf der Straße.
Wohnungslosigkeit ist kein Problem individuellen Versagens. Niemand lebt freiwillig in Not und Elend.
Annähernd die Hälfte der Betroffenen verlieren ihre Wohnung wegen Mietschulden oder Kündigungen, weitere Gründe sind persönliche Schicksalsschläge, Erkrankungen, aber bei Menschen aus EU-Ländern auch der Fakt, dass Wohnungen an ein Arbeitsverhältnis geknüpft sind. Auch Zwangsräumungen aus Wohnraumführen führen zu Wohnungslosigkeit: deren Zahl ist laut Antwort auf meine jährliche Kleine Anfrage 2024 wiederum gestiegen: Auf 2704, Sachsen ist bundesweit einer der unrühmlichen Spitzenreiter bei Wohnungsräumungen.
Und wir haben viele Menschen, die gefährdet sind wohnungslos zu werden: Menschen, die aus der Haft entlassen werden oder Frauen, die aus Schutzhäusern ausziehen müssen,
Als Linke haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Not Wohnungsloser hingewiesen und auch das Land zum Handeln gedrängt. Denn die Lösung des Problems kann nicht den Kommunen überlassen werden. Gerade vor dem Hintergrund des von der EU ausgegebenen Ziels Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden, dem sich auch die Bundesrepublik angeschlossen hat, muss mehr passieren.
Wir fordern eine landesweite Strategie zur Verhinderung von Wohnungsnotfällen und zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Andere Bundesländer machen es uns vor. Zum Beispiel NRW mit der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE!“ oder der Thüringer Strategie gegen Wohnungslosigkeit.
Es geht uns darum gute Praxen aus den Kommunen und Landkreisen zusammenzuführen und gezielte Maßnahmen und konkrete Hilfsangebote zu entwickeln, die insbesondere auf die Verhinderung verdeckter Wohnungslosigkeit abzielen, u. a. durch die Unterstützung flächendeckende aufsuchender Sozialarbeit.
Im Gegensatz zu Dresden und Leipzig gibt es in den Landkreisen keine Straßensozialarbeit, die Kontaktaufnahme/ Beziehungsaufbau mit besonders ausgegrenzten Wohnungslosen ermöglicht. Warum fangen wir nicht endlich damit an?
Wohnungslosigkeit ist kein kurzfristiges Phänomen, Menschen sind i.d.R. über Jahre hinweg betroffen; Daher ist das Prinzip der kurzfristigen Unterbringung in Übergangswohnheimen, wie es überwiegend in den sächsischen Kommunen praktiziert wird, kein taugliches Mittel, um Wohnungslosigkeit nachhaltig zurück zu drängen.
Wir brauchen ausreichend bezahlbaren Wohnraum, der Bau von Sozialwohnungen muss dringend voran gehen, der Ankauf von Mietpreis- und Belegungsbindung über die RL gebundener Mietwohnraum muss ermöglicht und finanziert werden. Wir brauchen Modelle wie Housing first, das den Zugang zu einer eigenen Wohnung als Dreh- und Angelpunkt für andere Hilfen sicher stellt, Leipzig ist hier vorangegangen, auch Dresden dabei. Viele Bundesländer finanzieren kommunale Housing-first-Projekte – Sachsen will seine Unterstützung in diesem Bereich komplett streichen. Das wollen wir ändern. Und wir müssen im äußersten Fall Kommunen dabei unterstützen privaten Wohnraum zur Abwendung von Wohnungslosigkeit auch zu beschlagnahmen.
An erster Stelle muss die Verhinderung des Wohnungsverlustes stehen. Dazu gehört auch den Mieterschutz auszubauen, Armut zu verhindern und soziale Anlaufstellen zu stärken, die Menschen in schwierigen Lebenslagen zur Seite stehen. Mit Blick auf die Vorhaben der Bundesregierung im Bereich der Mieter*innenpolitik und mit Blick auf den vorliegenden Landeshaushalt sind wir leider pessimistisch, dass die Ursachen von Wohnungsverlust wirklich beherzt angegangen werden. Darum braucht es auch diesen Antrag, darum braucht es konzertiertes, vernetztes Handeln vom Land Sachsen.“