Am 14. Dezember 2017 hat das Antidiskriminierungsbüro Sachsen gemeinsam mit dem Initiativkreis Menschen.Würdig Leipzig ein Gutachten veröffentlicht. Das beim Büro für Recht und Wissenschaft in Auftrag gegebene „Gutachten zur Rechtmäßigkeit der Sozialprognose für Bewohner_innen von Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Leipzig“ kommt zum Ergebnis, dass die Erhebung der Sozialprognose bei der dezentralen Unterbringung von Geflüchteten, die das Sozialamt Leipzig bisher anwendete, gegen das Grundgesetz und die Sächsische Verfassung verstößt. Mein Statement dazu:
Ich freue mich sehr, dass die Stadt Leipzig von der Erhebung der Sozialprognose Abstand nimmt. Bis dato wendete das Sozialamt dieses Auswahlverfahren bei Geflüchteten im Asylverfahren, die in eine eigene Wohnung ziehen wollen, an. Sozialarbeiter*Innen in den Gemeinschaftsunterkunft mussten vor dem Auszug mittels eines bereit gestellten Fragebogens eine sogenannte Sozialprognose erstellen. Mit drei verschiedenen Smileys wurden unter anderem die Fähigkeit zur „Bereitschaft zur Kooperation und Kommunikation bei Problemsituationen“, „Mülltrennung / Ordnungsgemäße Entsorgung“, der Deutschkursbesuch oder individuelle Problemlagen (Sucht oder psychische Auffälligkeiten) bewertet. Gab es negative Noten, wurden Trainingsmaßnahmen eingeleitet – und im schlimmsten Fall durften die Betroffenen nicht ausziehen. Dies stellte eine diskriminierende Sonderbehandlung dar. Migrant*innen wurden so einer diskriminierenden Prüfung unterworfen, die es für andere Menschen nicht gibt. Dies hat nun auch das Rechtsgutachten ermittelt.
Im aktuellen Heim-TÜV des Sächsischen Ausländerbeauftragten wird die Wohnfähigkeitsprüfung als „best practise“ zur Anwendung durch Landkreise und Kreisfreie Städte empfohlen. (http://sab.landtag.sachsen.de/dokumente/sab/SAB-HEIM_A4-TUEV-interaktiv-2017.pdf Seite 9) Dies hat die Linksfraktion bereits in der Landtagsdebatte im August 2017 moniert. Laut Aussagen des Ausländerbeauftragten wird die Wohnfähigkeitsprüfung auch in den Landkreisen Bautzen und im Vogtlandkreis angewendet. Ich fordere den Ausländerbeauftragten auf, diesen „best practise“-Hinweis aus dem Heim-TÜV herauszunehmen bzw. zu korrigieren. Auch die Landkreise, die eine solche diskriminierende Prüfung vornehmen, sollten davon Abstand nehmen. Alternativen zu Wohnfähigkeitsprüfungen gibt es: Die individuelle Förderung und Unterstützung von Menschen durch Sozialarbeit und Beratungsangebote sind die definitiv bessere und nicht-repressive Form. Wohnen in Wohnungen muss niemandem mit Zwangsmaßnahmen beigebracht werden. Selbstbestimmtes und menschenwürdiges Wohnen ist ein Menschenrecht.