Laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 8/593) der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel werden sukzessive Ermittlungsverfahren gegen Menschen, die im Kontext der antifaschistischen Proteste am so genannten Tag X am 3. Juni 2023 von der Polizei über mehrere Stunden im „Leipziger Kessel“ festgehalten wurden, eingestellt. Zum Stand teilte der sächsischen Innenminister Armin Schuster mit, bislang wurden bereits 36 Verfahren nach § 170, Abs. 2 StPO eingestellt, zwei davon gegen Minderjährige wegen fehlender Strafmündigkeit.
Anfang Juni 2023 hatte es in Leipzig trotz Versammlungsverboten und massiver Repressionen, Demonstrationen und Proteste in Reaktion auf das vorläufige Urteil gegen vier Antifaschist*innen in Dresden und für Versammlungsfreiheit gegeben. 1324 Menschen waren in der Südvorstadt nach einer gewaltsamen Eskalation durch wenige Teilnehmende und der Auflösung einer genehmigten Kundgebung von der Polizei zusammengetrieben und bis zu elf Stunden lang eingekesselt worden. Es handelte sich um einen der größten Polizeikessel der letzten Jahre in Leipzig. Meine Einschätzung:
„Anderthalb Jahren nach den Ereignissen sind inzwischen 36 Ermittlungsverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs eingestellt. Damit wird immer klarer, dass der Vorwurf gegen die über 1300 Menschen nicht haltbar ist. Die Unschuldsvermutung galt für den überwiegenden Teil der unter widrigen Umständen über Nacht festgehaltenen Menschen nicht! Genauso klar ist, dass Polizei und Justiz gänzlich unverhältnismäßig, wenn nicht rechtswidrig gehandelt haben.
Ich erneuere die Forderung nach unverzüglicher Einstellung der Verfahren. Und zwar schneller als es bisher! Sonst könnten sich die Verfahren gegen die noch knapp 1300 Beschuldigten noch über Jahre hinziehen. Das wären Strafen ohne Urteile!
Für die Betroffenen war nicht nur die massive Einschränkung der Versammlungsfreiheit sowie die teilweise erlebte Gewalt und Demütigung im Kessel eine traumatische Erfahrung. Auch die noch laufenden Ermittlungsverfahren gegen die Mehrheit der gekesselten Personen ist für diese belastend und kann Einfluss auf Lebenswege und Repressalien in der Zukunft zur Folge haben. So wurde durch Anfragen von „Frag den Staat“ bekannt, dass die Daten aller Eingekesselten vom sächsischen Landeskriminalamt an Geheimdienstbehörden weitergegeben worden, wo sie für 5 Jahre gespeichert werden.
Neben der Einstellung muss die Löschung der zu Unrecht gespeicherten persönlichen Daten also schnellstens erfolgen. Eine öffentliche Bitte um Entschuldigung von den Verantwortlichen, wäre ebenfalls wünschenswert, ist aber nicht zu erwarten.“
PM 03. Januar 2025