Laut Antwort auf eine aktuelle Stadtratsanfrage der LINKEN wird es doch keine Gesundheitskarte für Geflüchtete in Leipzig geben. Das Sozialdezernat legt in seiner Antwort dar, dass mit insgesamt acht Krankenkassen Verhandlungen über eine kommunale Lösung geführt wurden. Die Verhandlungen seien aufgrund mangelnder Detaillösungen allerdings gescheitert. Mein Kommentar:
Im Mai 2016 beschloss der Stadtrat einen Antrag der Linksfraktion zur Einführung einer Gesundheitskarte für Geflüchtete. Der Stadtrat forderte die Verwaltung auf, dahingehend Verhandlungen mit Krankenkassen aufzunehmen. Im August 2016 stellte die Verwaltung die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte mit Beginn des Jahres 2017 in Aussicht.
Hintergrund der Initiative auf Einführung einer Gesundheitskarte ist die Benachteiligung von Schutzsuchenden im Asylverfahren in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland. Sie haben in dieser Zeit keinen Zugang zur regulären Krankenversicherung und können laut Asylbewerberleistungsgesetz lediglich Akut- und Schmerzbehandlungen sowie Hilfen bei Schwangerschaft und Geburt in Anspruch nehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht einfach zum Arzt gehen können, sondern beim Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen müssen, wo zumeist SachbearbeiterInnen über die Notwendigkeit der Behandlung entscheiden. Dieses Prozedere entspricht nicht fachlichen Standards und ist eine bürokratische Hürde für die Betroffenen wie auch für die behandelnden ÄrztInnen.
Die Ausreichung von Gesundheitskarten vom Tag der Zuweisung aus der Erstaufnahme in die Kommunen würde zumindest den barrierefreien Zugang zu Gesundheitsleistungen und eine fachgerechte und schnelle Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auch für die Stadt eine erhebliche Reduktion des Verwaltungsaufwandes bedeuten.
„Es ist wenig verständlich, warum die Einführung der Gesundheitskarte auf kommunaler Ebene wegen Detailregelungen nun zu scheitern droht. Sowohl Verwaltung als auch Krankenkassen sind in der Pflicht, hier ergebnisorientiert weiter zu verhandeln. In unserer Zeit muss es doch möglich sein, elektronische Lösungen auch für Ausnahmetatbestände oder eingeschränkte Leistungsberechtigungen zu finden.“ zeigt sich Stadträtin Juliane Nagel enttäuscht.
„Vor allem aber ist der Freistaat Sachsen in der Pflicht, sich einer landesweiten Lösung zu öffnen. Denn dann wären auch keine Insellösungen in den Kreisfreien Städten oder Landkreisen nötig.
Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom Oktober 2015 vereinfachte der Bund die Einführung von Gesundheitskarten auf Landesebene. Nach Hamburg und Bremen machen nun auch Flächenbundesländer, z. B. Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz, davon Gebrauch. Wo ein Wille ist, ist also auch ein Weg. Die Staatsregierung muss ihre Blockadehaltung aufgeben und die elektronische Gesundheitskarte landesweit einführen. Alle drei sächsischen Großstädte haben diese Forderung mit Stadtratsbeschlüssen bekräftigt.“
Pressemitteilung, 22. Mai 2017