Reichlich ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Bundesintegrationsgesetzes, das eher den Namen Desintegrationsgesetz verdient hat, und genau ein Jahr nach Beschluss des Stadtrats über die Einführung von Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) beim Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf (KKE) liegt nun der Vorschlag der Stadtverwaltung vor die entsprechenden 80-Cent-Jobs nach Bundesintegrationsgesetz zum Jahresende wieder einzustellen. Meine Rede in der Ratsversammlung am 20. September 2017:
Vorab: Wir sind dafür. Trotzdem Verwaltung und KEE sich doch ein paar mehr Gedanken gemacht haben die Maßnahmen durch Sprachkurse und eine integrationsorientierte Begleitung zu verbessern haben wir bereits im September letzten Jahres gegen ihre Einführung gestimmt. Und das einerseits aus grundsätzlichen Erwägungen – denn die Parallel zu den so genannten 1-Euros Zwangsjobs, die erwiesenermaßen nicht helfen den Zugang zu sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeit zu finden, ist unverkennbar. Andererseits aus ganz konkreten Erwägungen: Wir wollen zumindest in unserer Stadt nicht zulassen, dass Geflüchtete bei der Entgeltung der Tätigkeit diskriminiert werden. Wir hatten damals gefordert, dass die Aufwandsentschädigung von 80 Cent auf 1,05 Euro erhöht wird.
Nun nehmen wir das Scheitern des Versuchs zur Kenntnis, ganz ohne Häme. Unterm Strich lässt sich beinah behaupten, dass die Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen bundesweit ein Flop sind: im Frühjahr 2017 waren zirka 25 % der 100.000 Jobs beantragt worden. Das zur Verfügung gestellte Budget des Bundesarbeitsministeriums von jährlich 300 Millionen Euro wird ab 2018 auf 60 Millionen gekürzt.
Schauen wir auf die Gründe, die in Leipzig zum Scheitern des Projektes führten:
Wir finden eine große Zahl von Fehlzuweisungen vor. Das heißt, dass das Sozialamt Menschen für das Projekt auswählte, die in so genannten vorrangigen Maßnahmen steckten, also bereits Sprach- oder Integrationskurse angetreten waren, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse hatten oder an anderen Maßnahmen der Arbeitsförderung teilnahmen. Auch Geduldete und anerkannte Flüchtlinge, die per se keine Zielgruppe der FIM sind, wurden ausgewählt.
Insgesamt 395 Geflüchtete wurden den Maßnahmen zwischen Dezember 2016 und Juni 2017 zugewiesen. Davon traten 112 die Beschäftigung an. Es gab laut Vorlage 139 Fehlzuweisungen. Und noch einmal 144 Personen traten die Maßnahme ohne Begründung nicht an. Die Gründe dafür sind nicht gänzlich ausgeleuchtet.
Das Gesamtverhältnis von zirka zwei Dritteln der Arbeitsverhältnisse, die entweder angetreten wurden oder durch Fehlzuweisungen nicht zustande kamen, rechtfertigt nicht den Artikel einer Leipziger Lokalzeitung, der in Überschrift und Bildsprache den Geflüchteten die Schuld am Ende des Billig-Lohn-Projektes gibt.
Es gibt ein Geflecht von Ursachen, das sowohl in schnelleren Asylantragsentscheidungen, in den schlechten Informationswegen zwischen den beteiligten Behörden, in den spezifischen Fördermodalitäten der Bundesagentur für Arbeit, aber auch in der Ungewissheit über die Entwicklung der Zuweisungszahlen Asylsuchender nach Leipzig begründet liegt.
Den Geflüchteten die Schuld für das Scheitern des FIM-Projekts beim KEE in Leipzig zu geben, ist unlauter.
Als Linksfraktion sind und bleiben wir der Meinung, dass es statt marginalisierender Sonderprogramme, in denen Geflüchtete unter sich bleiben, Hungerlöhne bzw. Hungeraufwandsentschädigen beziehen und keine berufliche Perspektive finden, bessere Zugänge in die Regelsysteme von Bildung, Ausbildung und Arbeit bedarf.
Darum und weil das Bundesprogramm eine überflüssige Totgeburt ist, stimmen wir der Vorlage zu.