In einem Brief kritisierten Bewohnerinnen und Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung in Dölzig am 26. März die Zustände, die dort zumindest in der letzten Woche noch geherrscht haben sollen: keine Seife, beengter Raum, unhygienische Toiletten. Videos von Bewohnerinnen und Bewohnern, die das dokumentieren, waren am Mittwoch bei MDR exakt zu sehen.
Der Geflüchtete Mohsen Farzi Zadeh, der den Brief mit unterzeichnet hatte, trat vor die Kamera und kritisierte das Management der Einrichtung. Nicht einmal 24 Stunden später, so berichtet es MDR exakt, befand er sich schon in Chemnitz.
Nun lebt er dort in der Aufnahmeeinrichtung Matthesstraße, die der Unterbringung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen dient. „Ich bin die einzige gesunde Person hier“, erzählt er. „Hier befinden sich alte Menschen, Kranke. Sie reden nicht, ich kenne hier niemand. Das fühlt sich wie Isolation an.“ Der Betroffene will nun rechtlich gegen den Transfer vorgehen und steht in Kontakt mit dem Sächsischen Flüchtlingsrat und sowie mit Juliane Nagel, Sprecherin für Migrations- und Flüchtlingspolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag.
Mein Statement:
„Es macht mich fassungslos, dass ein Mensch, der öffentlich berechtigte Kritik äußert, offenbar dafür sanktioniert wird. Das steht der Landesregierung nicht gut zu Gesicht – sie muss sich dazu erklären. Gerade in diesen Zeiten erwarte ich, dass die Regierung besonnen und unter Achtung der Belange aller hier lebenden Menschen vorgeht. Sammelunterbringungen sind in der aktuellen Situation sowieso grundsätzlich kritisch zu betrachten, denn aufgrund der Enge und der hohen Belegung ist Abstandhalten dort kaum möglich und das Ansteckungsrisiko umso größer.
Ich erwarte, dass in allen Sammelunterkünften – ob Erstaufnahmeeinrichtungen oder kommunale Gemeinschaftsunterkünfte – genug Hygieneartikel und Schutzmaterial für Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die Beschäftigten verfügbar ist. Grundsätzlich spricht sich meine Fraktion dafür aus, mindestens Risikopersonen, im besten Fall aber alle Menschen aus den großen Sammelunterkünften dezentral unterzubringen. In Hotels und leer stehenden Wohnungen ist Platz genug!“
PM 06. April 2020