Am 12. März fand in Chemnitz die Demonstration eines feministischen Bündnisses zum Frauengefängnis in Chemnitz statt, an der fast 300 Personen teilnahmen. Im Rahmen der Demonstration wurden Lebens- und Arbeitsbedingungen hinter Gittern thematisiert und u. a. auch von LINKEN unterstützte sozialpolitische Forderungen für Gefangene (gesetzlicher Mindestlohn, volle Sozial- und Rentenversicherung, Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern) erhoben. Im Nachgang zur Demonstration kam es zu sinnlosen Eskalationen, die von der Polizei ausgingen. Dazu mein Statement:
Die Demonstration war kraftvoll und ohne Zwischenfälle. Dies scheint der Polizei nicht gepasst zu haben. Nach Demo-Ende kontrollierte sie ein Auto abfahrender Teilnehmer*innen und begründete dies als „Allgemeine Verkehrskontrolle“. Nicht vor Ort gegenüber den Betroffenen der Maßnahme, sondern erst in einer Pressemitteilung vom Montag, 12.3.2018, wurde ein Tatvorwurf – das Zünden eines Rauchtopfes, was nicht mehr als eine Ordnungswidrigkeit darstellen würde – formuliert. Als sich mehrere Menschen mit den Betroffenen dieser offensichtlich schikanösen polizeilichen Maßnahme solidarisierten, verlor die Polizei die Nerven und versuchte die Gruppe trotz getätigter Anzeige einer Spontanversammlung rabiat abzudrängen. Als die „Verkehrskontrolle“ beendet war, bewegten sich die Personen weiter entlang der Reichenhainer Straße, als plötzlich ein Stoßtrupp von Polizist*innen von hinten in die Menschenmenge rannte, zuerst eine Person und kurz darauf zwei weitere Personen brutal zu Boden riss. Ich befand mich vor Ort und war aufgrund des eskalierenden, rabiaten Vorgehens der Polizei schockiert.
Der zuerst festgesetzte junge Mann ist stark sehbehindert und führte einen Stock mit sich, der offensichtlich seiner Orientierung diente. Nach eigenen Aussagen hatte er in der vorgehenden Situation panisch auf die von der Polizei verursachte Bedrängnis reagiert, dabei waren Polizeibeamt*innen mutmaßlich in seinen Stock gelaufen. Doch die Polizei ließ auch nicht von ihm ab, als umstehende Menschen sie lautstark darauf hinwiesen, dass es sich um eine fast blinde Person handelt. Es ist völlig klar, dass die Polizei mit ihrem Angriff auf einen körperlich Beeinträchtigten einen Solidarisierungseffekt hervorruft.
Anstatt kommunikativ zu agieren und die Situation in aller Ruhe zu klären, wurde seitens der Beamt*innen allein eskalierend und gewalttätig agiert. Im weiteren Verlauf wurden 41 Personen von der Polizei festgesetzt und deren Identitäten festgestellt. Laut Polizeieinsatzleiter hätten sich alle der Mittäterschaft schuldig gemacht. Solidarisierung mit den Schwächsten wird also staatlich sanktioniert. Die Polizei hat die Schlagzeilen bekommen, die sie haben wollte. Anstelle der Berichterstattung über eine inhaltlich reichhaltige Demonstration bleibt die Nachricht „Versammlungen nahmen kein friedliches Ende.“ Die Polizei hat durch ihr schikanöses und rabiates Auftreten Panik bei vielen abreisenden Versammlungsteilnehmenden ausgelöst. Für den Rechtsstaat waren die Geschehnisse ein Armutszeugnis.
PM 13. März 2018