An der Grenze von Belarus zu Polen sind tausende geflüchtete Menschen vom Kälte- und Hungertod bedroht. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich dafür ausgesprochen, an der EU-Ostgrenze Sperranlagen gegen Flüchtlinge zu errichten. Mein Statement:
Etwa 5.000 Menschen sitzen im Grenzgebiet von Belarus ohne Nahrung und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fest. Mindestens neun Flüchtende sind bereits gestorben, es sollen sogar Schüsse gefallen sein. Wo auch immer Menschen versuchen, in die Europäische Union zu fliehen, so passiert es auch hier wieder: Ganze Landstriche werden zu Regionen des Grauens und humanitären Versagens der EU. Neu ist allerdings, dass ein irrlichternder deutscher Ministerpräsident ohne Not und laut über einen Mauerbau nachdenkt. Damit geht er Lukaschenko auf den Leim.
Anstatt den wenigen tausend Menschen Schutz und Zuflucht zu geben, diskutiert die EU über noch härtere Abwehrmaßnahmen und duldet das rechtswidrige Vorgehen Polens, Menschen in jenes Land zurückzuschicken, wo der letzte Diktator Europas herrscht. Was wir brauchen, ist ein humanitärer Korridor von Belarus durch Polen nach Deutschland, und zwar sofort. Michael Kretschmer muss aufhören, geflüchtete Menschen für seine politische Agenda zu missbrauchen, wie es dem belarussischen Diktator vorgeworfen wird.“
Mirko Schultze, Abgeordneter der LINKEN in Görlitz, ergänzt:
„Das europäische Versprechen auf eine anständige Behandlung und solidarische Verteilung geflüchteter Menschen muss eingelöst werden – das ist Maßstab deutscher Politik in Europa. Ich habe kein Verständnis für den sächsischen Ministerpräsidenten, der geschichtsvergessen martialische Forderungen hinausposaunt. Ich möchte klarstellen: Bei uns im Grenzgebiet gibt es keinen Notstand, lediglich marodierende faschistische Gruppen! Der Notstand besteht eine Grenze weiter. Ich erwarte von der Staatsregierung ein entschlossenes Auftreten im Bund. Wir wollen keine hochgerüstete Bundespolizei und keine neuen Grenzkontrollen. Wir sind bereit, die ankommenden Menschen aufzunehmen und zu unterstützen. Wir haben Platz!“
Hintergrund
Die Zahl der Menschen, die von Juni bis Oktober in Sachsen ankamen, ist im Vergleich zu 2020 zwar von 1569 auf 3108 gestiegen und hat sich damit verdoppelt. Im selben Zeitraum waren 2015 indes insgesamt 36.756 und 2016 noch 5.259 Menschen gekommen. Am morgigen 12. November wird zwischen 16 und 18 Uhr in Brandenburg und Sachsen entlang der deutsch-polnischen Grenze demonstriert. Ein mehrsprachiger Aufruf wurde gestern veröffentlicht. Neben vier angemeldeten Kundgebungen in Görlitz werden weitere Demonstrationen in Frankfurt/Oder, Guben und Greifswald stattfinden. Stationen in Sachsen: Bad Muskau Grenzübergang Postbrücke, Görlitz Altstadtbrücke, Ostritz Grenzübergang Bahnhofstraße, Zittau Friedensstraße (Grottauer Brücke).