Meine Rede zum Antrag der AfD „Leer stehende Räumlichkeiten in Behörden des Freistaates Sachsen als Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber nutzen“ im Landtagsplenum am 17.12.2015
Es gilt das gesprochene Wort.
Die Unterbringung von Geflüchteten ist wie wir wissen eines der zentralen Themen, die sowohl Land als auch Kommunen derzeit beschäftigen. Was uns allerdings die AfD hier vorschlägt entbehrt jeglicher moralischen und sachlichen Grundlage. Empathie mit den schutzsuchenden Menschen geht ihnen als einbringender Fraktion gänzlich ab, das ist nichts Neues. Allerdings scheinen sie sich auch nicht mit den gesetzlich geregelten Verantwortungsbereichen der verschiedenen Ebenen auseinandergesetzt zu haben.
Nach dem Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz sind es die Landkreise und Kreisfreien Städte, die als untere Unterbringungsbehörden für die Anschlussunterbringung zuständig sind, und dies ist auch gut so.
Die Landkreise und kreisfreien Städte sind es, in denen Geflüchtete nach der Flucht und der oft nervenaufenreibenden Zeit der Erstaufnahme in Interimsreinrichtungen wie Baumärkten, Hallen verschiedener Coleur und Zelten, wirklich zu Ruhe kommen, wo sich viele auf eine längere Verweildauer und den Beginn integrativer Maßnahmen einstellen können.
Und trotz der aus unserer Sicht falschen Fokussierung auf zentrale Unterkünfte, wie sie das Land per Erlass auch für die Gebietskörperschaften weiterhin vorschreibt, orientieren zahlreiche der Kreise und Städte auf dezentrale Unterbringung, auf das Wohnen in Wohnungen. Anstelle Geflüchtete in Behörden zwangseinzuquartieren, wie es die AfD will, sollte es aus unserer Sicht um Wohnungsunterbringung als Regelunterbringung gehen. Landkreise wie Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, das Erzgebirge, das Vogtland oder die Stadt Chemnitz können Quoten von bis zu 75 % in Wohnung lebenden Asylsuchenden vorweisen. Genau dies ist der richtige Weg. Doch dafür bedarf es eines planmässigen und kooperativen Handelns von Land, Landkreis und Kommunen, es bedarf eines politischen Willens und Kommunikationen zwischen Verwaltungen, Genossenschaften, öffentlichen und privaten Wohnungsunternehmen. Es bedarf auch eines Stopp geförderten Abrisses. Und es bedarf der Unterstützungsinstrumente durch den Freistaat. Dass sie, Herren und Damen von der AfD das wohl erste sinnvolle Instrument in diesem Bereich – die Richtlinie zur Begründung von Belegungsrechten – in einer Pressemitteilung vom 7.12. 2015 und auch im einbringenen Redebeitrag diskreditieren und eine Neiddebatte anzuzetteln versuchen, zeigt ganz gut, wessen Geistes Kind sie sind. Und Frau Kersten, erklären doch mal warum Geflüchtete Schuld daran haben sollen, wenn Schwimmbäder oder Schulen leer stehen. Das ist das übliche Gegeneinanderausspielen von verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die Geflüchteten indirekt für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und das Profitstreben von Immobilienunternehmen verantwortlich zu machen, ist perfide. Ich halte ihnen entgegen: Wir schaffen das, und füge hinzu, dass wir selbstverständlich ein weit reichendes Förderprogramm zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle in Sachsen lebenden Menschen brauchen.
Dass die Bemühungen für eine gute und integrative Unterbringung anstelle von Sammelunterbringungen auch finanziell intensiver zu Buche schlagen, liegt auf der Hand. Die Kommunen brauchen aber keine Zuweisung von Behördenkapazitäten, sondern mehr Geld. Die Asylpauschale war schon mit Beschluss des Doppelhaushaltes zu gering, jetzt hantieren wir mit Sonderzahlungen. Wir erwarten in diesem Zusammenhang gespannt die Evaluation der Auskömmlichkeit der derzeitigen Pauschale und erwarten eine Anpassung sofort nach deren Vorliegen. Die Kommunen müssen die Kosten, die ihnen durch die Aufnahme, Versorgung, Betreuung und Integration von Geflüchteten entstehen endlich verlässlich und zu 100 % erstattet bekommen. Was es neben Geld auch braucht sind gute Informations- und Kommunikationsflüsse zur Landesebene, auch daran hapert es. Es kann nicht sein, dass der Freistaat den Kommunen Gebäude zur Unterbringung von Geflüchteten wegschnappt und die Preise hochtreibt.
Wir werden diesen Antrag ablehnen. Er gauckelt Scheinlösungen vor. Vor allem aber sind Geflüchtete für uns mehr als Rangiermasse, mehr als eine numerische Größe, die sich an 6 qm bemisst und beliebig auf leer stehende Quadratmeter umrechnen lässt.