Im Mai 2016 fand der Antrag der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat zu Leipzig zur Einführung einer Gesundheitskarte für Geflüchtete in Leipzig eine Mehrheit. Der Stadtrat forderte die Verwaltung auf, Verhandlungen mit Krankenkassen aufzunehmen. Die Antwort zur Anfrage der LINKEN an den Oberbürgermeister verweist nun auf die baldige Einführung der Karte. Mein Statement dazu:
In den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland haben Geflüchtete keinen Zugang zur regulären Krankenversicherung. Ihnen werden laut Asylbewerberleistungsgesetz lediglich Akut- und Schmerzbehandlungen sowie Hilfen bei Schwangerschaft und Geburt zugestanden. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht einfach zum Arzt gehen können, sondern beim Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen müssen, wo zumeist SachbearbeiterInnen über die Notwendigkeit der Behandlung entscheiden. Dieses Prozedere entspricht nicht fachlichen Standards und ist eine bürokratische Hürde für die Betroffenen wie auch für die behandelnden ÄrztInnen.
Trotz der bundesgesetzlichen Regelung haben die Kommunen als Träger der Leistungen die Möglichkeit, Gesundheitskarten vom ersten Tag an auszugeben. Dazu muss ein Vertrag mit einer Krankenkasse abgeschlossen werden.
Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom Oktober 2015 vereinfachte der Bund die örtliche Einführung von Gesundheitskarten. Nach Hamburg und Bremen machen nun auch zahlreiche Bundesländer, z. B. Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz, davon Gebrauch.
Der sächsische Ministerpräsident erteilte der Gesundheitskarte für Geflüchtete – ohne Konsultation des Landtages – jedoch früh schon eine Absage. Darum sind in Sachsen nur „Insellösungen“ möglich. So beauftragten die Stadträte der drei kreisfreien Städte die jeweiligen Stadtverwaltungen mit der Einführung der Karte.
Auf Anfrage der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat stellt die Stadtverwaltung nun die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ab 2017 in Aussicht. Details, die zum Beispiel auch den Leistungsumfang für Geflüchtete und anfallende Kosten betreffen, können laut der Antwort noch nicht benannt werden.
In Dresden hatte die dortige Sozialbürgermeisterin im Sommer verlautbart, dass in der Stadt Dresden keine entsprechende Lösung umgesetzt werden könne.
Um so mehr freue ich mich, dass Leipzig entschlossen ist, diese Erleichterung bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen umzusetzen und durch Kostenbeteiligungen vielleicht sogar einen gleichwertigen Leistungsumfang ermöglichen wird. Gesundheit ist ein Menschenrecht und darf nicht von Herkunft oder sozialem Status abhängen.
PM Linksfraktion im Stadtrat zu Leipzig, 05.09.2016
Sehr geehrte Frau Nagel,
ich stimme Ihnen zu (Zitat: „Gesundheit ist ein Menschenrecht und darf nicht von Herkunft oder sozialem Status abhängen.“). Allerdings habe ich gewisse Bauchschnerzen, wenn ich dabei über die Thematik „Soziale Gerechtigkeit“ nachdenke, die ja wohl ein Thema der Linken ist.
Finden Sie bzw. Ihre Partei es richtig, dass Menschen, die z.B. 40 Jahre in die Sozialversicherung eingezahlt haben die gleichen Leistungen aus der GKV erhalten, wie Menschen, die noch nie oder nur sehr wenig beigetragen haben?
Dasselbe beim Thema Hartz 4: Ist es sozial gerecht, wenn jemand nach 40 Jahren Arbeit genau denselben Anspruch auf Hartz 4 hat (nachdem die eigene Altersvorsorge aufgebraucht wurde usw.), wie jemand, der Null Beiträge gezahlt hat?
Wenn ja, warum? Wenn nein, gibt es seitens der Linken Vorschläge, wie das geändert werden könnte? Es geht mir dabei in meiner Frage nicht um die Höhe der Leistungen, sondern um die Frage der Gerechtigkeit an sich. In meinen Augen ist das derzeitige System eine Ungleichbehandlung. Und ich finde, es sollte schon einen Unterschied zwischen den genannten Gruppen geben, analog z.B. der Rente (je nach gezahlten Beiträgen mehr Leistung) oder auch ALG 1 (nach gewisser Beitragszeit mehr Leistung).
Wie sehen Sie bzw. die Linke das? Gibt es hierzu vielleicht schon passende Texte / Links?
Über eine Antwort, gern auch per Mail, würde ich mich freuen.
MfG
Gesundheit kann man sich eben nicht kaufen.
Jeder ist zuerst selbst für seine Gesundheit verantwortlich. Der Unterschied zwischen PKV, GKV, und Geflüchtet ist der Leistungsumfang auf nicht lebensnotwendige Behandlungen wie Zähne. Der PKV bekommt vielleicht Kronen und Inlays als Kassenleistung, der GKV nur Amalgamfüllungen ohen Zuzahlung und ein Geflüchter? Insoweit besteht ein Unterschied.
Wenn sich jemand sein Bein bricht ist das eher eine lebensnotwendige Behandlung, da ist der Versicherungsstatus egal. Gleiches gilt wenn jemand ein schwer erkranktes Herz hat, unabhängig vom Versicherungsstatus kann dann eine Herztransplantation infrage kommen, da gibt es eine Gleichbehandlung. Dies dürfte in den wenigsten Ländern der Welt so sein wie Deutschland, man kann das sicherlich Pro und Kontra sehen.
Das Gesundheitssystem in Deutschland zählt dennoch zu den besseren in der Welt, was es auch teuer macht, deshalb ist es wichtig das jeder nach seiner Leistungsfähigkeit seinen Beitrag leistet oder durch Berufsausbildung dazu befähigt wird.
Hallo Heiko.
ja, die LINKE ist der Meinung, dass soziale Grundleistungen allen zustehen müssen, ohne Gegenleistungen. Alles andere wäre sozialdarwinistisch. Was wären denn zb mit Kinder und Jugendlichen, die noch nichts „geleistet“ haben, mit Kranken, Beeinträchtigten, mit Frauen, die strukturell bez Lohnhöhen und durch Ausfallzeiten im Leben, benachteiligt werden?
GErade Gesundheitsleistungen sind wie monetäre Grundleistungen und Bildung essentiell zum Überleben (im ganz nackten Sinne) und zur Entwicklung der Einzelnen.
Im Gesundheitsbereich steht DIE LINKE für eine solidarische Bürgerversicherung, zb hier
https://www.die-linke.de/index.php?id=3166
http://die-linke.de/uploads/media/761.pdf
Btw bedeutet die Einführung einer Gesundheitskarte für Geflüchtete erstmal NUR einen verbesserten Zugang zu den per Gesetz eingeschränkten Leistungen. Wir wünschen uns tatsächlich eine Gleichstellung mit anderen Versicherten in Bezug auf den Umfang der Leistungen. Wieso sollte es plausibel sein einem Flüchtling aus Syrien eine Krebsbehandlung zu versagen nur weil er hier noch nichts eingezahlt hat?
Klar, wird es dauern bis die vielen hier neu ankommenden Menschen erwerbstätig werden können. Dafür müssen nioch zahlreiche Hürden aus dem Weg geräumt werden. Es gibt zb aber auch Studien, die besagen, dass bestimmte Bereiche, zb Altenpflege, gar nicht mehr stemmbar wären ohne MigrantInnen, die eingesetzt werden und dass auf lange Sicht die Aufnahme von Menschen sich auch ökonomisch lohnt.
http://www.migazin.de/2015/11/06/studie-deutschlands-wirtschaft-profitiert-von-fluechtlingen/