Das ehemalige KZ-Außenlager in der Kamenzer Str. 10/12 in Leipzig wird unter Denkmalschutz gestellt. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, das die Stadt Leipzig in Auftrag gegeben hat. Demnach sei das Objekt wegen der Nutzung als Zwangsarbeitslager aus historischer, wissenschaftlicher und städtebaulicher Sicht ein bauliches Zeugnis von nationaler wie internationaler Bedeutung für den Freistaat Sachsen als auch für die Stadt Leipzig. Es ist das einzige erhaltene Massivgebäude der ehemaligen HASAG-Zwangslager.
Das Gutachten war durch eine Petition der Gedenkstätte für Zwangsarbeit gefordert und durch einen Antrag der Fraktionen Die Linke und CDU erneut thematisiert und im vergangenen Jahr endlich beauftragt worden. Das Landesamt für Denkmalschutz hatte die Einstufung als Kulturdenkmal noch abgelehnt.
Besondere Brisanz hat die Eigentümerschaft und jahrelange Nutzung des Gebäudes. Der Eigentümer gehört der extrem rechten Szene an und gab diversen rechten Kampfsportgruppen und Motorradclubs Unterschlupf. Mehrfach fanden im Objekt auch Rechtsrockkonzerte statt. Die Landesregierung stuft es als „rechtsextrem genutzte Immobilie“ ein.
„Es ist ein echter Erfolg, dass wir über den Druck des tadtrats die Einstufung der Kamenzer Str. 12 als Kulturdenkmal erwirken konnten. Das Landesamt für Denkmalschutz hatte sich einen schlanken Fuß gemacht und die tiefergehenden Untersuchungen unterlassen.
Nun bietet sich die Chance, dass das historisch bedeutsame Zeugnis der Zwangsarbeit in Leipzig erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die Denkmaleigenschaft schafft neue Pflichten zur Bewahrung der Substanz.
Denn trotz der aktuellen Bekundungen des Eigentümers bleibt ein zentrales Grundsatzproblem: Überlebende des Naziterrors und der Zwangsarbeit können den Ort ihrer Pein nicht besuchen, Erinnerungs- und Bildungsarbeit wird verhindert.
Wir fordern, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um das Gebäude in öffentliche Hand zu überführen. Damit hätte die unsägliche Phase der Eigentümerschaft und Nutzung durch Akteure der extremen Rechten ein Ende.“
Hintergrund:
In der Kamenzer Straße hatte während des Nationalsozialismus der größte sächsische Rüstungsbetrieb Hugo Schneider AG (HASAG) seinen Sitz. Im Juni 1944 entstand auf dem Gelände der Kamenzer Straße 10 und 12 das erste Frauenaußenlager des KZ Buchenwald. Dort waren etwa 5000 Frauen untergebracht, die bei der HASAG Munition und Granaten herstellen mussten. Seit 2007 gehört der Komplex einem Akteur der extremen Rechten, des Öfteren fanden hier Rechtsrockkonzerte und Treffen von rechten Rockergruppen statt, auch eine extrem rechte Kampfsportgruppe nutzte den Ort als Trainingszentrum.
Seit vielen Jahren halten erinnerungspolitische Vereine und antifaschistische Initiativen das Gedenken an die Vergangenheit dieses Ortes wach und skandalisieren zurecht die heutige Eigentümerschaft und Nutzung. Auf Antrag der Linksfraktion hin wurde 2022 vor dem Gebäude ein offizieller Gedenkort errichtet, der die schon 2009 vom VVN/ BdA ehrenamtlich installierte und immer wieder zerstörte Gedenkplakette ablöste.
PM 01. Dezember 2025