Fünf Jahre nach einer Auseinandersetzung bei der sogenannten „NPD-Brandstiftertour“ soll Nazigegner_innen der Prozess gemacht werden +++ Die Soligruppe 1. November demonstriert am Jahrestag (1. November) am Tatort vor dem Landgericht für einen Freispruch der Angeklagten
Die Soligruppe 1. November lädt am Mittwoch, den 01.11. um 16 Uhr zu einer Solidaritätskundgebung am Sachsenplatz vor dem Landgericht ein.
Sie fordert einen Freispruch der sieben angeklagten Antifaschist_innen im Kontext der NPD-Brandstiftertour 2012. Am Sachsenplatz versuchten am 1. November 2012 Aktivist_innen erfolglos, einen NPD-Konvoi zu stoppen.
Im Anschluss griffen circa ein Dutzend bewaffnete Neonazis aus dem Umfeld der damaligen NPD-Landtagsfraktion die Antifaschist_innen an. Die Soligruppe kritisiert in diesem Zusammenhang die einseitige Ermittlungsarbeit der Behörden, die ausschließlich gegen die
Nazigegner_innen ermittelten.
Fünf Jahre bevor die AfD in Sachsen bei der Bundestagswahl zur stärksten Kraft gewählt wurde, machte die NPD am 1. November auf ihrer Sachsentour unter dem Motto „Asylmißbrauch und Islamisierung stoppen!“ in Dresden Station. Auf der Fahrt von ihrer ersten Kundgebung vor der Moschee in Cotta zu einer Unterkunft für Asylsuchende in Johannstadt wollten Aktivist_innen den Konvoi stoppen. Als diese sich der NPD in den Weg
stellten, versuchten die Rechtsradikalen die Linken gezielt anzufahren.
Anschließend griffen sie die zurückweichenden Gegendemonstrant_innen bewaffnet mit Peitsche, Fahrradschloss, Mag-Lite und anderen Schlaggegenständen an. Auf eine am Boden liegende Person wurde von mehreren Nazis eingetreten, sodass sie anschließend im Krankenhaus behandelt werden musste. Ihr wird von der Polizei Körperverletzung vorgeworfen, weil sie dabei einen Nazi gebissen haben soll.
Doch als die Polizei am Ort des Geschehens eintraf verfolgte sie ausschließlich vermeintliche Linke und fotografierte sie ab, um die Bilder den Nazis vorzulegen. Den Antifaschist_innen wurden Handfesseln angelegt und sie wurden zu Fuß auf die Polizeiwache abgeführt. Obwohl die Taten von der hinzukommenden Polizei dokumentiert wurden,
ermittelten die sächsischen Behörden fünf Jahre lang ausschließlich gegen Linke. Nun soll sieben von ihnen der Prozess gemacht werden.
„Ich kann bis heute nicht begreifen, was damals passiert ist. Nazis greifen uns an und als die Polizei dazukommt, nimmt sie nicht etwa die Nazis fest, sondern wir werden gefesselt, abgeführt und werden jetzt noch strafrechtlich verfolgt“ berichtet ein Betroffener. „Es ist ein
Skandal, dass nun die Antifaschisten dafür vor Gericht gestellt werden, dass sie sich bereits damals der rassistischen Stimmungsmache und den rechten Schlägern in den Weg stellten. Das Wahlergebnis der AfD in Sachsen ist hausgemacht,“ so Pressesprecher Jan Funke. „Wenn Nazis angreifen, bleibt aktiver Antifaschismus die einzig richtige Antwort.“
Auch MdL Juliane Nagel kritisiert die Ermittlungen: „Der aktuelle Fall zeigt ein weiteres Mal: Sachsens Behörden sind auf dem rechten Auge blind. Seit fast drei Jahrzehnten können Nazis und deren pseudobürgerliche Partner*innen in Sachsen schalten und walten wie sie
wollen. Migrant*innen und Linke werden verbal und tätlich attackiert.
Auch ich bleibe dabei: Ziviler Ungehorsam gegen Nazis und Rassist*innen ist nicht kriminell, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Gerade in diesen Zeiten.“
Der aktuelle Prozess steht in einer langen Reihe mit weiteren Verfahren gegen Antifaschist_innen in Sachsen. So etwa die jahrelangen ergebnisslosen Ermittlungen gegen eine sogenannte „Antifa-Sportgruppe“ mit dem Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König als Anführer, die mittlerweile aufgehobenen knapp zwei Jahre Haft wegen mutmaßlicher
Rädelsführerschaft am 19. Februar 2011 für den nicht-vorbestraften Familienvater Tim, wie auch das vielbeachtete Regenschirmurteil gegen den NoPegida-Aktivisten Oli.
Statt antifaschistisches und antirassistisches Engagement permanent zu behindern und zu kriminalisieren fordert die Soligruppe, dass sich die sächsischen Behörden endlich das Naziproblem im Freistaat eingestehen und praktische Konsequenzen ziehen.
>>> Aufruf zur Kundgebung am 1. November 2017, 16:00 Uhr am Landgericht Dresden (Sachsenplatz)