Beteiligung ist kein Schaufensterprojekt: Konkrete Macht an junge Menschen abgeben!

Im Landtag wurde am 24. Juni über den Antrag der Grünen für mehr Jugendbeteiligung in Sachsen diskutiert. Ich habe den Standpunkt der Linken vertreten: Bestehendes und Funktionierendes stärken, Infrastruktur für junge Menschen ausbauen und reale Macht abgeben.

Am vergangenen Freitag bei Eröffnung des städtischen Offenen Freizeittreffs Crazy in Leipzig Paunsdorf, einem der Stadtteile, in denen sich Armut und Benachteilugungserfahrung ballen. Der Freizeittreff wurde zwei Jahre lang saniert und wurde von seinen jungen Nutzer*innen stürmisch wieder in Beschlag genommen: was auch zeigt, dass dieses Angebot notwendig und tief im Sozialraum verankert ist. Elias, ein Nutzer des Crazy, führte uns durch die neuen Räume und wir erfuhren, dass er Teil des Clubbeirats ist. Ein Gremium von jungen Nutzer*innen, die wöchentlich über alle Fragen ihren Raum betreffend diskutieren und bei Problemen gemeinsam Lösungen finden.

Doch: Wenn es einmal darum gehen sollte, den Club aufgrund klammer kommunaler Kassen schließen zu müssen, dann wird Elias und werden die anderen jungen Menschen nicht mitentscheiden können. Genau wie bei den vielen sie grundsätzlich betreffenden Fragen: z.B. bei Maßnahmen gegen den Klimawandel, bei der Reichtumsverteilung in diesem Land oder Fragen der Bildungsgerechtigkeit.

Sehr geehrter Kolleginnen und Kollegen: Es ist nicht so, dass junge Menschen notorisch desinteressiert sind und sich nicht einmischen wollen. Was zu konstatieren ist, ist dass sie mit dem politischen System fremdeln, weil sie sich nicht gesehen fühlen und das unterscheidet sich gar nicht so sehr von den Erwachsenen.

Die Skepsis gegenüber der verantwortlichen Politik ermittelte zumindest die Trendstudie „Jugend in Deutschland 2025“. Sie machte außerdem sichtbar, dass junge Menschen enorm unter Druck stehen und Zukunftsängste haben: Kriege, die wirtschaftliche Lage und Inflation, zu hohe Mieten, Klimawandel und Altersarmut sind die Top-Sorgen-Themen.

Und genau bei diesen zentralen Fragen bleiben die Perspektiven junger Menschen strukturell ausgeschlossen, sie bleiben davon abhängig was Politik entscheidet und Wirtschaft diktiert.

Als Linke unterstützen wir alle Wege um den Interessen junger Menschen mehr Geltung zu verschaffen. Dabei darf es aber eben nicht um Beteiligungssimulation, das nächste Schaufenster-Modellprojekt oder das nächste Konzept gehen, das an einem Ministeriumsschreibtisch verfasst wird.

Es muss darum gehen wie in einer stark verregelten und verrechtlichten Gesellschaft mit sehr komplexen Rahmenbedingungen konkrete Macht an konkrete junge Menschen abgegeben werden kann, vor allem, die, die wenig Ressourcen haben. Und dabei geht es um Geld: Wir müssen massiv Geld in Infrastruktur und Prozesse investieren, die junge Menschen betreffen. Ein Einfrieren der Jugendpauschale als zentralem Förderinstrument der Kinder- und Jugendarbeit ist genauso falsch wie den Zuständen in Kita und Schule immer wieder nur mit kleinen Tröpfchen auf den heißen Stein zu begegnen.

Die sinnvollste Ebene, an der wir ansetzen können, ist die Kommune. Die verbindliche Verankerung von Jugendparlamenten mit Antrags- und Rederechten in den Gemeinderäten und Kreistagen und von Beteiligungsinstrumenten in den Sozialräumen und den Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche ihren Alltag verbringen – Kita, Schule, Freizeittreffs – das unterstützen wir im vorliegenden Antrag. Genau wie die Absenkung des Wahlrechts um jungen Menschen auch strukturell in reale Entscheidungsprozesse einzubinden. Hier muss die CDU ihre Blockadehaltung aufgeben.

Statt der reinen Adaption des Jugendchecks, wie wir ihn auf Bundesebene haben, sollten wir über einen echten Jugend-Konsultationsmechanismus nachdenken, der die Anliegen von Kindern und Jugendlich bereits bei der Erstellung von Gesetzesvorhaben berücksichtigt und verbindlich einbezieht oder an das bestehende Kompetenzzentrum Jugendcheck andocken und dort Ressourcen für Sachsen und im besten Fall weitere Bundesländer zu nutzen.

Ein in Sachsen bereits erfolgreich laufendes Selbstvertretungsprojekt ist die Landesjugendkonferenz des Kinder- und Jugendhilferechtsvereins. Es ist ein Projekt von jungen Menschen aus Heimen und Wohngruppen und in seinem Ansatz zeigt sich der Unterschied: junge Menschen werden hier nicht nur beteiligt, sondern sie sollen dabei unterstützt werden, wesentliche Teile des Projektes selbst zu steuern und zu gestalten. Die Gründung dieser in §4a SGB VIII verankerten Selbstorganisation und Selbstvertretung von Adressat*innen der Jugendhilfe soll in den kommenden Jahren auch auf kommunaler Ebene erfolgen – das braucht Unterstützung.

Insofern: Bestehendes und Funktionierendes stärken, Infrastruktur für junge Menschen ausbauen und reale Macht abgeben: Das sind für uns als Linke die zentralen Bausteine. Wir stimmen dem Antrag zu.

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