Am heutigen 10. Juni wurden erneut Menschen nach Georgien abgeschoben. Darunter zwei Familien und eine Person, für die aus infektiologischen Gründen ein Verlege- und Abschiebestopp existierte. Mein Statement:
Abschiebungen nach Georgien stechen immer wieder durch die besondere Brutalität hervor, mit der Ausländerbehörden und Polizei vorgehen. So war es auch heute bei einer neuerlichen Sammelabschiebung ab dem Flughafen Leipzig/Halle. Der Flieger startete gegen 12 Uhr. Bei einer von bisher zwei bekannten Familien hatten gar fünf Mitglieder der Härtefallkommission noch an diesem Vormittag dafür gestimmt, den Fall in einem Eilverfahren zur Beratung zuzulassen. Diese einfache Mehrheit genügt nach der hiesigen Härtefallkommissionsverordnung genügt, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu pausieren. Das jedoch war zu spät. Die Familie aus Pirna saß im abhebenden Flieger. Laut Pressemitteilung der AG Asylsuchende aus Pirna und des Sächsischen Flüchtlingsrats (SFR) besteht derzeit Kenntnis über eine zweite Familie aus Radebeul, die sich soeben auf dem Weg nach Georgien befindet. Zwei weitere Menschen traf es in der Aufnahmeeinrichtung Max-Liebermann-Straße in Leipzig. Darunter war ein Mensch, der in Kontakt mit einer mit TBC infizierten Person war und für die darum ein Verlege- und Abschiebeverbot verhängt war.
Erneut brüskiert der entlassungsreife Innenminister Roland Wöller die eigene Härtefallkommission. Die fünf Mitglieder, die innerhalb eines Vormittags entscheiden haben, den Antrag in der Härtefallkommission besprechen zu wollen, wissen um die bedeutenden Fortschritte der Betroffenen, was den Aufbau eines neuen Lebens in Deutschland betrifft. Die hier in Deutschland geborenen Kinderkennen Georgien gar nicht. Mit Blick auf die Schilderungen bei der zweiten Familie habe ich ebenfalls kein Verständnis dafür, dass eine Behörde den Rauswurf vorantreibt anstatt die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu prüfen.
Es ist schockierend, dass das Votum der Härtefallkommission offenbar zu spät am Flughafen Leipzig/Halle ankam. Eine Abschiebebeobachterin hatte den direkten Draht zu Anwält*innen und Berater*innen gehabt und hätte die Bundespolizei sofort informieren können. Das unterstreicht noch einmal, wie dringend die Abschiebebeobachtung am Flughafen eingerichtet werden muss, nachdem sie nun im Doppelhaushalt vorgesehen ist. Grundsätzlich verstehe ich jedoch nicht, warum das Innenministerium nicht selbst bei der Bundespolizei durchruft. Wer Faisal Jahangir aus dem Abschiebeknast holen kann, kann auch hier alle Hebel in Bewegung setzen. Wenn das ausbleibt, dann ist das so gewollt. Danke für nichts an die Regierungskoalition!
PM 10. Juni 2021