Die Werkstattzeitung der Diakonie am Thonberg „Schneckenpost“ hat die Kandidat*innen zur Landtagswahl interviewt. Hier meine Antworten auf die verschiedenen Fragen zu Inklusion, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Barrierefreiheit:
1 Viele Menschen sind mit der aktuellen Politik nicht zufrieden. Für manche ist Politik z. B. zu kompliziert und oft auch unverständlich. Was ist notwendig, um alle Menschen zu erreichen? Welche Strategien haben Sie, um alle Menschen „abzuholen“?
Auch wir kritisieren, dass Politik nicht für alle Menschen verständlich ist. Wir übersetzen darum unsere Wahlprogramme in Leichte und einfache Sprache. Es sollte auch viel mehr Zusammenfassungen in Leichter Sprache geben. Im Sächsischen Landtag setzen wir uns dafür ein, dass alle Debatten in Gebärdensprache übersetzt werden sollen, nicht nur die zu den Themen Inklusion und Behinderung. Außerdem wünschen wir uns mehr Möglichkeiten für die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen, zum Beispiel in Beiräten.
2 Sind Sie in den sozialen Medien (z. B. Tik-Tok) aktiv? Wie wichtig erachten Sie diese, um politische Inhalte zu verbreiten?
Die Linke ist aktiv in verschiedenen sozialen Medien, um die Menschen schnell und auch unterhaltsam über Politik zu informieren. Das soll auch Lust machen, sich weiterzubilden und selbst aktiv zu werden. Allerdings kann durch die kurzen Texte nur ein Einblick in die Arbeit entstehen. Darum ist es eine Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit.
3 Die Kritik an Werkstätten für Menschen mit Behinderung reißt nicht ab. Es wird viel über gerechtere Entlohnung gesprochen und darüber, dass Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten sollen anstatt in Werkstätten. Welches Bild haben Sie von Werkstätten für Menschen mit Behinderung? Halten Sie die aktuelle Situation für gerecht bzw. haben Sie Ideen, das Werkstatt-System gerechter zu gestalten?
Wir teilen die Kritik am Werkstattsystem in der jetzigen Form und wünschen uns eine Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenarbeiten. In Werkstätten allerdings bleiben Menschen mit Behinderungen unter sich. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben und muss sich darum viel mehr für inklusive Arbeit einsetzen.
Gleichzeitig wollen viele Menschen mit Behinderungen in Werkstätten arbeiten, weil sie sich dort wohlfühlen und vielleicht auch schlechte Erfahrungen mit anderer Arbeit gemacht haben. Oder sie finden keine andere Arbeit, weil sie keine passende Ausbildung haben. Wir wollen die Werkstätten schrittweise so ändern, dass sie viel mehr mit Unternehmen zusammenarbeiten und die Beschäftigten auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt begleiten und unterstützen. Menschen mit Behinderung sollen frei wählen dürfen, wo sie arbeiten wollen.
Wir kritisieren auch die viel zu niedrigen Löhne in Werkstätten. In Sachsen sind sie deutschlandweit übrigens am niedrigsten, wie eine neue Studie herausgefunden hat. Die Linke will, dass der gesetzliche Mindestlohn für alle Menschen gilt – auch für Werkstattbeschäftigte.
4 Was würde aus Ihrer Sicht ohne Werkstätten für Menschen mit Behinderung passieren? Welche Ideen haben Sie für eine inklusivere Arbeitswelt?
Wir wollen schrittweise eine inklusive Arbeitswelt aufbauen, in der Werkstätten als separate Arbeitsstellen für Menschen mit Behinderungen nicht mehr nötig sind. Auf dem Weg dahin wollen wir allen eine wirkliche Wahlmöglichkeit geben und durch mehr Bildung und Praxiserfahrung neue Perspektiven öffnen. Die Werkstätten brauchen also eine andere Aufgabe und können zum Beispiel stärker aus- und weiterbilden, vermitteln und mit ihrem Wissen den Wandel unterstützen. Es soll viel mehr flexible Übergänge zum allgemeinen Arbeitsmarkt geben, die der Staat besser fördert – zum Beispiel mit dem Budget für Arbeit und Assistenzen. Es soll auch mehr Alternativen zur Werkstatt geben, also mehr Außenarbeitsplätze, unterstützte Beschäftigung oder Inklusionsunternehmen.
5 Nennen Sie bitte kurz und verständlich 3 Ihrer Wahlversprechen.
1. Inklusionsgesetz erneuern:
Dieses wichtige Gesetz für die Menschen mit Behinderungen hat viele Lücken. Zum Beispiel gilt es nicht für die kommunale Ebene. Das wollen wir schnell ändern.
2. Inklusive Schulen für alle:
Wer inklusive Arbeit will, braucht auch inklusive Schulen. Wir wollen Lernorte für alle Kinder, egal wo sie herkommen, wie viel Geld sie haben oder ob sie eine Behinderung haben.
3. Landesfachstelle Barrierefreiheit:
Überall in der Gesellschaft gibt es Barrieren und wir wollen sie schneller abbauen. Eine zentrale Stelle mit verschiedenen Expert*innen soll sich darum kümmern und Fortschritte prüfen.
6 Wo sehen Sie Nachholbedarf beim Thema Barrierefreiheit?
Es gibt noch immer viel zu viele Barrieren für Menschen mit Behinderungen und es dauert viel zu lange, sie zu beseitigen. Seit 2022 sollten Busse und Bahnen laut Gesetz vollständig barrierefrei nutzbar sein. Davon sind wir weit entfernt! Es gibt auch viel zu wenig barrierefreien Wohnraum. Dabei brauchen bald noch viel mehr Menschen solche Wohnungen, wenn sie alt werden. Wir wollen Barrierefreiheit in der Sächsischen Bauordnung verankern und den Umbau des Bestands stärker fördern. Und spätestens seit Corona ist klar, wie wichtig der digitale Raum ist und welche Vorteile das auch für Menschen mit Behinderungen bringen kann. Doch auch hier sind viele ausgeschlossen. Wir wollen eine Landesfachstelle für Barrierefreiheit, die sich gezielt um diese vielen Punkte kümmert.