Neben harten Instrumenten zur Regulierung des Wohnungswesens braucht es auch weiche Instrumente. Wir haben als Linksfraktion die Einrichtung einer zentralen Informationsstelle für Mieter*innen durch die Stadt und die Übernahme der Beiträge für den Mieterverein für Leipzig-Pass-Inhaber*innen beantragt. Der erste Punkt wurde angenommen, der zweite sehr knapp (29:29) abgelehnt. Meine Rede zur Einbringung:
Mieterinnen und Mieter geraten in Leipzig immer mehr unter Druck. Sie sind letztendlich die Leidtragenden der anhaltenden Preissteigerungen bei Grundstücken und Wohnungen, wie sie uns zuletzt der Grundstücksmarktbericht 2019 vor Augen geführt hat.
Während die Einkommen in Leipzig nur mäßig, und vor allem nicht durch alle Einkommensschichten hindurch wachsen, steigen die Mieten stetig. Laut verschiedenen Marktberichten liegen die durchschnittlichen Angebotsmieten rund 25% höher als vor fünf Jahren. Die in Neubauten, aber auch für viele sanierte Altbauwohnungen aufgerufenen Kaltmieten ab 10 Euro pro Quadratmeter monatlich und mehr sind für Leipziger Durchschnittsverdiener*innen nicht bezahlbar.
Und wir sehen vor allem in Teilen der Gebiete, die wir seit dem Wochenende nun offiziell per Erhaltungssatzung schützen und denen, die wir noch schützen müssen, eine hohe Verkaufsdynamik von sanierten Altbauwohnungen oder ganzen Mietshäusern. Klar ist: Hier drohen Verdrängungsspiralen.
Aktuell kämpfen die verbliebenen Mieter*innen der ehemaligen LWB-Blöcke in der Kantstraße 55 bis 63 in der Südvorstadt darum bleiben zu können. Weder die GRK noch Instone Real Estate haben geschafft die Mieter*innen – aktuell 20 Erwachsene und 20 Kinder – loszuwerden, seit fast 10 Jahren wehrt ihr Kampf, der nun von der neuen Besitzerin, der Campus Group mit harten Bandagen gekämpft wird. Kündigungen, Mieterhöhungsverlangen und Modernisierungsankündigungen liegen auf dem Tisch.
Ich denke aber auch an die Mieter*innen der Thierbacher Straße 6 in Connewitz, die nach sieben Jahren Engagement gegen Kündigungen und immense Mietsteigerungen infolge von Modernisierungsmaßnahmen mit großartiger Unterstützung aus der Nachbarschaft, nun endlich einen Teilerfolg errungen haben und die Verdoppelung ihrer Mieten abwenden konnten.
Dies sind laufende Kämpfe von informierten und gut vernetzten Mieterinnen und Mietern, die sich zurecht nicht auf Kosten der Rendite von privaten Eigentümern aus ihrem langjährigen Zuhause verdrängen lassen wollen. Und diese Kämpfe brauchen Kraft, Mut und Unterstützung!
Uns ist klar: Wir brauchen harte Instrumente zur sozialen Regulierung des Wohnungsmarktes, wie die Kappungsgrenze, Mietpreisbremse, Milieuschutz oder ein Zweckentfremdungsverbot für Mietwohnungen. Wir brauchen – anders als ein irreführendes Gutachten von empirica kürzlich bekundete, sozialen Wohnungsbau. Aber wir brauchen auch weiche Instrumente und Empowerment von Mieterinnen und Mietern sich nicht alles gefallen zu lassen.
Das schärfste Schwert ist in diesem Zusammenhang wohl die Information.
Und so wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass an zentraler Stelle in der Stadt – wir schlagen hier prioritär die in der Bevölkerung bekannte und beliebte Stadtbibliothek vor – eine Informationsstelle für Mieterinnen und Mieter eingerichtet wird. Dort sollen Hinweise zu aktuellen Gesetzeslagen, zu Mieter*innenrechten und zu Anlaufstellen gebündelt zur Verfügung stehen. Ein offener Ort, der der Orientierung und selbstbestimmten Information dienen soll.
Ja, es gibt die Dependance des Mietervereins in der Rosa-Luxemburg-Straße, die ist richtig und wichtig. Doch diese unabhängige Stelle kann den bestehenden Informationsbedarf und die niedrigschwellige Beratung nicht abdecken.
Und wir wissen: Um eine qualifizierte Beratung zu erhalten, muss man Mitglied sein, was sich nicht alle leisten können und wollen.
Wir legen ihnen heute eine Neufassung unseres Antrages vor, der die Hinweise aus dem Verwaltungsstandpunkt aufnimmt. Wir wollen die Stadtbibliothek mit unserem Ansinnen keineswegs überfahren und der Verwaltung mehr Spielraum beim Finden eines Ortes für die Informationsstelle geben. Und wenn wir realistisch sind, wird diese auch mit Kosten verbunden sein. Darum fordern wir eine qualifizierte Prüfung des Standortes und anfallender Kosten bis zum 1. Quartal 2021.
Dass die Übernahme des Beitrages für den Mieterverein für Inhaber*innen des Leipzig-Passes über Hartz-IV und Sozialhilfe-Bezieher*innen nicht zu ermöglichen ist, vermögen wir darüber hinaus nicht zu glauben. Darum wollen wir die Stadt beauftragen hier ein Verfahren zu entwickeln, begründete Fälle des Vorgehens gegen Vermieter*innen zu prüfen, sei es auf Antrag der Betroffenen.
Wir bitten um Zustimmung, im Sinne der Mieterinnen und Mieter, die von ungerechtfertigten Praxen ihrer Vermieter betroffen sind, im Sinne derer, die in ihren Wohnungen bleiben wollen. Im Sinne einer informierten und selbstbewussten Mieterschaft in Leipzig!
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