Die durch das Corona-Virus ausgelöste Krise trifft den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe auf ganz besondere Weise. Während eine Vielzahl von Einrichtungen, wie die Kindertagesstätten, frühzeitig geschlossen bzw. auf Notbetrieb umgestellt wurden, sind andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe jetzt umso stärker gefordert. Zum einen führt die Schließung von wichtigen Aufenthaltsorten für Jugendliche (Schulen, Jugendkultureinrichtungen oder offene Freizeittreffs) zur fehlenden Erreichbarkeit von wichtigen Bezugspersonen (z.B. Schulsozialarbeiter*innen). Auf der anderen Seite fehlen – durch Ausgangsbeschränkung und Quarantäne – die Möglichkeit, Freund*innen zu treffen, die Freizeit selbstbestimmt im öffentlichen Raum zu verbringen und innerhalb von Familien auch mal Abstand voneinander zu nehmen. Das birgt die Gefahr von vermehrten Krisen in Familien.
Statement von meinem Stadtratskollegen William Rambow und mir:
Ambulante Hilfen, wie beispielsweise Erziehungsberatung oder die sozialpädagogische Familienhilfe, stehen vor besonderen Herausforderungen, denn sie sind aufgrund der absehbar zunehmenden Konflikte in Familien noch mehr gefragt. Trotz möglicher Infektionsgefahren müssen sie das Wegfallen anderer Hilfen kompensieren. Genauso sind Betreuer*innen in Wohngruppen aktuell stärker belastet, da die Gruppen durch das Wegfallen von Kita, Schule oder Ausbildung ganztägig geöffnet sein müssen und Besuche gestoppt wurden. Freiräume werden Mangelware.“
Die Sozialpädagog*innen in den stationären Einrichtungen müssen die Kinder und Jugendlichen rund um die Uhr beraten, informieren, beruhigen, beaufsichtigen und versorgen. Umso kritischer ist, dass die aktuelle Situation viele freie Träger vor existenzielle Nöte stellt. Zum Teil ist die Finanzierung durch wegfallende Angebote unsicher – ob und wie der Staat einspringt, ist noch immer unklar.
Eine gute und enge Kommunikation zwischen dem öffentlichen Träger, also der Stadt und seinen Mitarbeiter*innen sowie mit den freien Trägern ist das A und O. Alle Beteiligten müssen eng zusammenarbeiten, um Kindeswohlgefährdungen frühzeitig erkennen und verhindern zu können. Das geht aber nur, wenn die freien Träger und ihre Mitarbeiter*innen nicht zeitgleich um ihre Existenz bangen müssen. Für den Bereich der stationären Hilfen muss die Zusatzarbeit angemessen refinanziert werden.
Hier ist der Staat in der Pflicht. Wir stehen als Fraktion bereit, unseren Teil dazu beizutragen, dass das Kindeswohl in Leipzig trotz Ausgangssperren und eingeschränkten Jugendhilfe-Angeboten gesichert ist, dass Projekte und Mitarbeiter*innen finanziert werden und erhalten bleiben. Und wir sprechen unseren tiefsten Dank an alle aus, die in der Jugendhilfe aktuell Unglaubliches leisten!
Wichtige Nummern bei Krisen in der Familie:
– „Nummer gegen Kummer“: 116 111
– Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 0800 011 6016
– Elterntelefon: 0800 111 0550