Am heutigen Donnerstag, 1. Juni 2016 begannen Geflüchtete an der Erstaufnahme am Alten Flughafen in Leipzig-Mockau zu protestieren. Anlass ist vor allem die unzumutbar lange Aufenthaltsdauer in dem Lager bzw. in dem vorherigen an der Neuen Messe.
Aufgrund von Windpocken-Erkrankungen wurde laut Aussagen der Protestierenden ein Transferstopp verhängt, auch Termine beim BAMF finden nicht statt. Darunter leiden die Menschen, die zum Teil schon sechs Monate in der Erstaufnahme verharren. Rund 500 Menschen wohnen derzeit in der von den Johannitern betriebenen Einrichtung, darunter auch Frauen, Kinder und Schwangere. Laut Aussagen der Protestierenden sind die Lebensumstände im Lager schwer zumutbar: In Gesprächen wurden die hygienischen Bedingungen, das schlechte Essen und die Monotonie des Alltags genannt. Auch bei der Gesundheitsversorgung scheint es Probleme zu geben. Die Kinder können nicht zur Schule gehen und die Erwachsenen sich nicht um eine berufliche Perspektive kümmern. Der Mann einer Bewohnerin mit Kleinkind wohnt in Leipzig bereits in einer eigenen Wohnung, doch sie hat keine Möglichkeit zu ihm zu ziehen. Der Sohn einer anderen Geflüchteten lebt in Bayern, ihr wird bisher die Möglichkeit verwehrt mit ihm zusammenzutreffen. Diese Geschichten sind scheinbar keine Einzelfälle.
Nicht zuletzt kam es in den letzten Tagen auf dem Weg von der Straßenbahnhaltestelle Neue Messe zum Lager zudem zu Angriffen durch Rechte.
Dazu Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Linksfraktion im Sächsischen Landtag und Stadträtin in Leipzig, heute selbst in Mockau vor Ort:
„Die Erstaufnahme-Einrichtungen in Sachsen sind derzeit minimal belegt, so dass die bürokratischen Abläufe entsprechend schneller vollzogen werden könnten. Der Verbleib in der Erstaufnahme würde im Moment zirka 10 Wochen betragen, so MitarbeiterInnen der Landesdirektion gegenüber einer Delegation der Linksfraktion im Sächsischen Landtag bei einem Besuch im neuen Ankunftszentrum in der Brahestraße in Leipzig vor wenigen Wochen. Inzwischen übersteigt die Verweildauer bei einigen Geflüchteten in Mockau selbst die gesetzlich festgelegten sechs Monate. Von der versprochenen massiven Beschleunigung der Asylverfahren ist in Bezug auf die Geflüchteten in Mockau nichts zu spüren: Manche haben nach Monaten noch keine Anhörung gehabt. Die triste Umgebung des Erstaufnahme-Lagers in Mockau – mitten im Gewerbegebiet und fernab der städtischen Infrastruktur-, die lange Wartezeit und fehlende Informationen über die Zukunft machen die Menschen vor Ort mürbe, ja krank.
Mir ist unerklärlich, warum nicht innerhalb des Lagers, das mehr als 1000 Plätze umfasst, kranke Menschen separiert werden können und die Abläufe für die Verbliebenen weiterlaufen können, so dass die Menschen schneller auf die Kommunen verteilt werden können. Erst dann haben sie eine Chance auf ein eingeschränkt selbstbestimmtes Leben – mit eigenem Wohnraum, Schulbesuch, regulärer Gesundheitsversorgung, Besuch von Sprach- und Integrationskursen und Kontakt zu anderen Menschen.“
PM 1. Juni 2016
Foto: Tim Wagner