Sinkende Kinderzahlen nutzen: Personal in den Kindertagesstätten entlasten, Betreuungsqualität verbessern, Inklusive Kindertagesbetreuung fortentwickeln

Die Debatte um Kindertagesstätten reißt nicht ab. Vor wenigen Wochen protestierten Eltern gegen die Schließung eines Teils der kommunalen Einrichtung in der Hans-Otto-Straße in Leipzig-Lößnig, am vergangenen Freitag wohnte ich selbst einer spontanen Aktion gegen die Schließung der Kita Unifratz in der Bornaischen Straße in Dölitz bei.

Der Schreck und die Empörung von Eltern wenn die lieb gewonnene Einrichtung schliessen muss und Kinder, die längst eingewöhnt und angekommen sind, in eine andere Einrichtung wechseln müssen – vielleicht kurz vor dem Wechsel in die Grundschule – sitzt tief und ist auch nachvollziehbar. Weiterhin sind Kommunikationen seitens Stadtverwaltung und auch Trägern nicht gut, nicht frühzeitig und nicht transparent genug.

Der Stadtrat folgte am 19. Juni 2024 der gemeinsamen Initiative von Linke, SPD und Grünen zur Gestaltung der aktuellen Situation im Sinne der Kinder, Familien und Fachkräfte. Meine Rede:

Das Thema der Verbesserung der Betreuungsqualität und der Bindung von Fachkräften im Kontext sinkender Kinderzahlen diskutieren wir jetzt seit Jahresbeginn – getan hat sich leider wenig. Zwar gibt es Überlegungen zur Kapazitätsreduzierung in großen Kita, zur Schließung stark sanierungsbedürftiger Einrichtungen – einen echten Plan gibt es allerdings noch nicht, vor allem nicht transparent. Das ist ein Thema des gemeinsamen Antrages von LINKE, SPD und Grünen. Ein Kernpunkt dabei ist auch die Frage der demografischen Rendite, also die Idee Betreuungspersonal in den Einrichtungen zu halten und damit faktisch den Betreuungsschlüssel zu verbessern. Klar ist, und da sind wir mit der Verwaltung d’accord: Es braucht dazu endlich verbindliche Aussagen und es braucht dazu das Land. Denn ohne dass der Freistaat die Finanzierungslücke durch die Erhöhung des Landesanteils an der Kindertagesbetreuung anhebt, wird es nicht gehen. Minister Piwarz hat einen Vorschlag für den Doppelhaushalt 2025/ 26 angekündigt, wir brauchen aber schon in diesem Jahr Finanzzusagen um das inzwischen geflügelte Wort von der demografischen Rendite zu untersetzten – denn die Personalbedarfe sinken nominell schon 2024 und damit auch die Refinanzierung: Fürs komplette Land rechnet des Kultusministerium von Mehrausgabe von 28.7Mio Euro.

Aber wir müssen uns weitergehend Gedanken machen: In den vielen Beratungen zur aktuellen Betreuungssituation und Auslastung unserer Kitas konnten wir sehr klar die Unterschiede in der Betreuungsquote sehen: Gerade in Ortsteilen mit prekären Lebenslagen und in den Ortschaften am Rande der Stadt ist die so genannte Selbstbetreuungsquote hoch, hier gehen Kinder also seltener in die Kita, obwohl das Angebot da ist. Auch hier wollen wir ansetzen in dem wir die Stadt beauftragen Beratungsangebote oder andere Formen der Motivation für Familien zu schaffen. Und dabei geht es nicht um eine Maßnahme aus der aktuellen Notlage heraus, in der wir uns sicher einig sind, dass wir nicht gerne Kita schließen wollen. Es geht vor allem darum dass wir gerade Kindern aus Haushalten mit wenig Ressourcen und mit Migrationsgeschichte mit frühkindlicher Bildung die Unterstützungsangebote geben können, die gerade sie brauchen – das legt auch der aktuell erschiene Nationale Bildungsbericht. Hohe Kita-Betreuungsquoten sind eine Errungenschaft: Für die Kinder, für die Eltern und für die öffentliche Hand.

Dazu müssen wir bei der Ausgestaltung unserer Kita zu inklusiven Kindertageseinrichtungen weiterkommen: Auch das ist ein Schwerpunkt unseres Antrages. Die Landeshauptstadt Dresden hat sich dazu geleitet durch die UN-Behindertenrechtskonvention schon 2017 auf den Weg gemacht. Es ist höchste Zeit, dass wir in Leipzig folgen und den bisherigen Integrationsansatz weiterentwickeln: Inklusion will Kinder in ihren jeweils spezifischen persönlichen, kulturellen und sozialen Konstitutionen wahrnehmen und entwicklungsförderliche Bedingungen gewährleisten. Das heißt aber auch und vor allem mögliche Teilhabebarrieren zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken. Die Realisierung einer inklusiven Kita braucht gut ausgebildetes Personal, das wir jetzt in unserem System haben nicht verlieren sollten. Wir freuen uns, dass Jugendamt und Sozialamt diesen Weg gemeinsam schon zu beschreiten begonnen haben und dass wir zum Schuljahresbeginn mit einem Modellprojekt starten, das dann Expertise für das Gesamtkonzept liefern soll.

Wir haben aus dem Stadtrat in den letzten Jahren viele Impulse für eine Stärkung der Kindertagesbetreuung, für mehr Transparenz bei Finanzierung und gegen Exklusion von Kindern gesetzt: Die Verwaltung hat alle Hände zu tun. Wir bleiben wachsam und gespannt.

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